322 Die letzten Probleme
auch mit den Werten sein. Es mag Werterlebnisse geben, der
die uns völlig unbekannt sind, von denen aus aber die brin
Welt als ein gerechtfertigtes Gebilde erscheint. Und es
gibt keinen wissenschaftlichen Gegengrund gegen die An- kenr
nahme, daß unser gegenwärtiges Dasein nur ein Durch- UNse
gangsstadium zu höheren Stufen der Existenz ist, auf
denen uns jene höheren Werte, sei es mit einem Male oder Das
nach und nach, zugänglich werden werden. Ist doch die die
ganze Welt Entwicklung, ein Aufsteigen zu höheren Stu- flikt;
fen, und kein bloßes Stehenbleiben auf einem Punkt, habe
auch kein Hin und Her. Es gibt, wie wir sahen, keine
umgekehrten Entwicklungslinien in der Reihe der Orga-
nismenevolution. Und so möchte denn vielleicht auch
das Erkennen noch weitergehen und wir einst in Tiefen
des Universums und der Wirklichkeit hineinzublicken
imstande sein, die sich jetzt unserem Drange verschließen.
Es mag Licht werden, wo jetzt Dunkelheit herrscht, und
Versöhnung, wo jetzt unlösbare Dissonanzen die Seele
zerreißen.
Aber auch das andere bleibt freilich möglich: die
Welt ein Gebilde, das aussieht, als wenn es nicht recht
fertig geworden oder teilweise mißglückt ist. Unfertig
stehen geblieben und dann sich selbst überlassen.
Dennoch — wir vermögen es nicht zu glauben. Ein
seltsames Gefühl, als wenn wir Gott schmähen, steigt in
uns auf, wenn wir mit diesen Gedanken Ernst machen
wollen. (Eine höchst nachdenkliche Tatsache übrigens,
daß wir ein spezifisches Gefühl der Blasphemie besitzen,
das uns gleichsam vorschreibt oder wenigstens warnt, was
wir nicht über Gott denken sollen.)
Und ist es nicht auch seltsam, daß nicht nur die
große Freude, sondern auch das große Leid, ja schon die
große Enttäuschung und die sichtbar werdende Gefahr