Full text: Das Weltbild der Gegenwart

Fünftes Kapitel 
Das Wesen des Lebens: Mechanismus und Vitalismus 
Neben der anorganischen Sphäre der Welt existiert 
noch eine andere, die organische Welt. Sie tritt im 
eozoischen Zeitalter der Erdentwicklung auf, d.h. vor 
1 bis 2 Milliarden Jahren, und stellt sich schon dem ersten 
Eindruck als etwas Besonderes dar. Wir sind bei näherer 
Prüfung niemals im Zweifel, ob irgendein Wesen orga- 
nischer oder nichtorganischer Natur ist. Wir verwechseln 
sie nicht. Man hat versucht, den Gegensatz genauer zu 
präzisieren. Ein allgemeiner Unterschied ist zunächst 
der, daß das Leben niemals ein stabiles Gebilde ist, son- 
dern stets einen Prozeß darstellt. Aber es gibt auch In- 
stabiles von unorganischer Art, z.B. jeder Fluß ist von 
solcher Art. Man hat deshalb noch eine Reihe von 
anderen Eigenschaften als für das Leben charakteristisch 
angegeben, so z. B. Ernährung, Wachstum, Selbstentwick- 
lung, selbsttätige Bewegung. Fortpflanzung, Vererbung, 
Regeneration. Aber von ihnen allen ist doch nur die Er- 
nährung oder, wie ich vorziehe statt dessen zu sagen: der 
Stoffwechsel notwendig, um von Leben sprechen zu 
können. Alle übrigen Eigenschaften können einem Lebe- 
wesen auch fehlen, ohne daß es darum aufhörte ein solches 
zu sein. Ein Organismus braucht weder zu wachsen oder 
sich entwickeln, noch sich zu bewegen, noch sich fort- 
zupflanzen. oder zu regenerieren. Ja, er brauchte auch 
mit dem Mutterorganismus nicht die geringste Ähnlichkeit 
zu haben, und er könnte doch ein Organismus sein, 
wofern er nur Stoffwechsel zeigt. Sobald auch dieser still- 
steht, wie etwa beim gefrorenen Frosch, haben wir es nur
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.