6) Organogene Sedimente.
Riffe begegnen uns schon in den ältesten Meeren der erkennbaren Erdgeschichte.
Wahrscheinlich existierten sie schon im algonkischen Zeitalter, aber es ist unbestimmt, ob
sie und ihnen sehr ähnliche der kambrischen Zeit von Pflanzen oder Tieren herrühren. Auch
die kambrischen Archaeozyathidenriffe weiß man nicht unter den bekannten Tiertypen
unterzubringen. Erst vom Silur ab kommen Tabulaten- und Tetrakorallenriffe, allerdings
sofort in weltweiter Verbreitung, und vom Mesozoikum an treten an die Stelle der alten
Tabulaten und Tetrakorallen die sechszähligen Formen. Kalkalgenriffe erscheinen
besonders in der alpinen Trias; Bryozoenriffe als Überzug auf Felsen im Zechsteinmeer
Mitteldeutschlands.
Auch paläogeographisch lassen sich manche vorweltlichen Riffbauten gut ver-
folgen und bieten wesentlich dasselbe Bild, wie heutige Barriere- und Saumriffe,
wenngleich niemals auch nur annähernd in solcher vertikaler Mächtigkeit wie heutige
Südseeriffe, die Hunderte von Metern und gelegentlich bis zu tausend Meter aus dem
Ozean emporragen. Daß man solche fossil nicht antrifft, rührt von zwei Ursachen
her: Einmal, daß wir nirgends vorweltliche Tiefsee im jetzigen Sinn kennen (I, 14);
dann auch davon, daß wahrscheinlich erst in allerneuester erdgeschichtlicher Zeit
die Korallen imstande sind, so gewaltige Höhenbauten in kürzerer Zeit aufzurichten;
denn sie werden derzeit fast ganz von Madreporiden geschaffen, die eine besondere
Anpassung des älteren Hexakorallentypus an rasches Körperwachstum bedeuten.
Dennoch gibt es, wie gesagt, gewisse Ähnlichkeiten zwischen den heutigen Flachriffen
und noch von den alten Tetra- und Hexakorallen geschaffenen Bauten. Als eines der
ältesten europäischen Saumriffe zieht sich nach Wedekind um die devonische Siegerländer
Insel eine Bildung, die ihrerseits wieder nur das Teilstück einer großen Saumriffgesellschaft
war, die den nordatlantischen Kontinent umzog und in Deutschland durch eine Linie fest-
zulegen ist, die sich etwa durch Nennung der Städte Barmen, Iserlohn, Balve, Warstein und
Brilon bezeichnen läßt. Diesem nördlichen Zug entspricht ein südlicher, der geschlossen
von Weilburg über Wetzlar nach Gießen läuft, das Ostende und vereinzelt das Südende des
Taunus umgibt und zur Eifel hinüberzieht. Im Jura der schwäbischen Alb hat Berckhemer
die ganze Korallenrifffrage, wenn auch örtlich durch die Juravorkommen bestimmt, in einer
prinzipiellen Weise behandelt und bis in Einzelheiten hinein Analogien nachgewiesen. So
bei Nusplingen eine „Schlucht’” im Massenkalk, die nach der Anlagerung zu schließen, schon
zur Weißjurazeit bestand. Der zuckerkörnige Kalk des dortigen Staufenberges bildet seiner
Abgrenzung nach ein echtes Atoll und dieses ist von der Schlucht quer durchsetzt, so daß
sie wie ein Gezeitenkanal analog heutigen derartigen Durchsetzungen eines Atolls erscheint.
Auch Übergußschichtung hat man an fossilen Riffen nachgewiesen, die von
der Zertrümmerung des Riffes durch die Brandung während seines Hervortretens
bei Hebung herrührt. Es bilden sich dann aus dem Zerreibsel der Korallen selbst,
aber auch der toten Schalen der Mitbewohner feinere Trümmergesteine, die oft
oolithischen Charakter zeigen, weil sich bei der Kalkanreicherung im Wasser
chemisch CaCO, um die feinsten Trümmerchen herum niederschlägt.
Ein typisches Beispiel ist der Brenztaloolith in Nordwürttemberg, der im einzelnen
Kreuzschichtung, also einseitig und kurzfristig bewegtes Wasser zeigt, während gelegentlich
auch die Schrägschichtung im großen und auf weitere Erstreckung um das Riff herum
erkennbar ist, wie etwa an den oberjurassischen Riffen bei Kelheim, wo die grobe Schräg-
bankung den Eindruck erweckt, als ob normal horizontale Schichten nachträglich tektonisch
geneigt worden wären.
Grabau hat die paläozoischen Riffe Nordamerikas umfassend geschildert und dort
gleichfalls Beobachtungen gemacht, welche in den heutigen Verhältnissen ihr Widerspiel
finden. Wiman erkannte in Schweden das Einfallen älterer, unterliegender Schichten unter
einen ausgedehnten silurischen Riffklotz, der sich ursprünglich auf einem noch nicht hart
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