zu stehen scheint als die herberen und markvolleren Frühwerke des Nordens in
Roskilde oder Linköping. Der inneren Linie nordischer Baugesinnung scheint
die englische Wurzel des Gotischen mehr zu geben: in dem schweren, englisch
breiten Raum des Olaf-Domes in Drontheim. Die Berührung des Orients mit
französischen Wandermeistern, die früh im zwölften Jahrhundert einsetzt,
endigt mit einer größeren Bautätigkeit auf Cypern; die nordfranzösische Hoch-
gotik hat in der Domkirche von Nicosia ein bedeutendes Werk, das etwa dem
Kreise der Notre-Dame von Paris zu vergleichen wäre, geschaffen; im Verlauf
des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts durchkreuzen sich burgundische
und italienische Ideen (Famagusta, St. Peter und Paul).
Der klösterliche Nutzbau, der in diesem Zusammenhang gestreift werden
möchte, hat im ganzen im Verlauf der Gotik an Geschlossenheit und Bedeu-
tung seine Blütezeit romanischen Stiles nicht erreicht. Soweit nicht im Bereich
der Ritterorden Aufgaben erwuchsen — die dem Gebiete des Burgenbaues
zugehören — oder später aus der Initiative der Bettelorden neue Ideen für
große Gemeinschaftssiedlungen in den Spitalanlagen entstanden, ist der An-
teil der Klosterarchitektur mehr durch einzelne, ganz große Werke, wie den
wundervollen Bau der Abtei Mont-Saint-Michel in der Normandie oder die
südlich phantastische Gruppenmasse der Klosteranlage zu Batalha in Portu-
gal (seit 1385; Abb. 361, Taf. XIX), gekennzeichnet als durch die Einheit
einer Baugesinnung, die eben ganz im Gedanken des Kultraumes und seiner
Außenerscheinung aufging. Wichtiger und für die künstlerische Form der
Raumprobleme wesentlich wäre es, die Entwicklung der großen klösterlichen
Versammlungsräume, der Refektorien oder Remter, zu verfolgen; ihrer ge-
legentlichen Einwirkung auf den Sakralbau war anläßlichder toulousanischen
Hallenkirche (S. 32) zu gedenken, und ihr Einfluß auf die Gestaltung der
Profanhalle ist noch kaum geprüft. Die Grundgedanken des großen zwei- oder
dreischiffigen gewölbten Saales führen weit in romanische Zeit zurück, die
monumentalsten Ausformungen dürften jedoch dem dreizehnten und vier-
zehnten Jahrhundert zugehören (Mont-Saint-Michel, Rittersaal; Marienburg,
Konventsremter und Rittersaal, Abb. 334). Reich an intimen Raumgebilden ist
die englische Architektur, der wohl auch die großartigsten Kreuzganganlagen
(Gloucester, vierzehntes Jahrhundert; Abb. 279) zugehören; in spätgotischer
Zeit hat Spanien und Portugal (Toledo, San Juan de los Reyes; Belem, Abb.365,
366) den englischen Schmuckreichtum der reichverzierten Gewölbe und in
A naturhafte Gespinste aufgelöster Maßwerkfenster noch überboten. Der monu-
N mentalste Gedanke aber erwuchs aus den Kreuzgangkompositionen in Italien
e mit dem Campo Santo in Pisa (von Giovanni Pisano 1278—1283; Taf. XVII),
die Monumentalisierung des mittelalterlichen Kreuzgartens zu einem Trionfo
- della Morte ist allein der Gotik würdig und konnte mit solcher Erhabenheit
architektonischer Geste nur auf dem Boden Toskanas gedacht werden.