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Die Berechnung der Dampfmenge, welche eine Dampfmaschine für jede
Pferdestärke innerhalb einer Stunde erfordert, ist eine weitere Aufgabe von
Wichtigkeit. Die große Dampfmenge, welche von einer Dampfmaschine verbraucht
wird, kann als aus zwei Theilen bestehend aufgefaßt werden, nämlich die nußbare
Dampfmenge und die Dampfmenge, welche nicht zur Wirkung kommt, sondern
in Folge verschiedenster Umstände als Dampfverlust auftritt. Die Menge des
Dampfes, die während einer Füllung hinter den Kolben eingelassen wird, läßt
sich aus dem gegebenen Raume des Cylinders, den man damit anfüllt, leicht
bestimmen. Es ist dabei zu berücksichtigen, daß von dem vorhergehenden Kolbenhub
eine gewisse Dampfmenge im Cylinder zurückbleibt. Sollte man nun einer Dampf-
maschine die so berechnete Dampfmenge zuführen, so würde dies nicht genügen,
da, wie wir wissen, der Dampf vom Kessel bis in den Cylinder nur unter Verlust
von Dampfspannung übergeführt werden kann. Diese Dampfyverluste werden noch
vermehrt durch die Abkühlung des Dampfes an den Cylinderwänden und durch
die Undichtigkeit der Verbindung. Man unterscheidet darnach auch wohl Ab-
fühlungsverluste und Dampflässigkeit3verluste. Am größten sind die
Abfühlungsverluste. Die Wände des Dampfcylinder8 nehmen, da sie abwechselnd
den Einström- und den Ausströmperioden ausgeseßt sind, eine mittlere Temperatur
an. Entsprechend der Höhe desselben werden sie beim Einlassen frischen Dampfes
diejem mehr oder weniger Wärme entziehen. Um die mittlere Temperatur des
Cylinders zu erhöhen, versieht man ihn deshalb mit einer Ummantelung, sodaß
er weniger Wärme nach Außen ausstrahlen kann. v. NReiche*) bestimmt die
Verluste des Dampfes dadurch, daß er, je nachdem der Cylinder mit einem
Dampfmantel versehen ist oder nicht, den wirklichen Dampfverbrauch auf 10-170,
größer annimmt, als die Dampfmenge, die zur Füllung des Cylinders ohne Be-
rücksichtigung des im Dampfcylinder noch befindlichen Dampfes erforderlich ist.
Im Allgemeinen sind für den Dampfverbrauch maaßgebend: Zunächst die
Maschinengattung, also, ob es sich um Eincylindermaschinen oder um Verbund-
maschinen handelt; dann die Wirkung des Dampfes, das heißt, ob der Dampf
direkt ins Freie auspufft, oder ob er in einen Condensator geleitet wird; ferner
die Eintrittsspannung, also die Spannung, die der Dampf beim Eintritt in den
Cylinder hat; ferner die Expansion, also der Füllungsgrad, mit welchem die
Majchine arbeitet; ferner die Kolbengeschwindigkeit, sowie die Art der Steuerung,
und endlich die Größe und die Ausführung der Maschine. Mit Rücksicht auf
diese Einflüsse s<wankt auch der Dampfverbrauch in weiten Grenzen: er wird
zwischen 5,5 und 30 kg für die Leistung einer indicirten Pferdestärke in der
Stunde angenommen. Nach der Menge des Dampfes, der verbraucht wird, richtet
sic auch der Verbrauch des Brennmaterials und des Speisewasser8s. Man
beurtheilt de8halb gewöhnlich die Güte einer Maschine darnach, wieviel Speise-
wasser der Kessel für jede Pferdestärke in der Stunde erforderlich macht.
*) H. v. Reiche, „Anlage und Betrieb der Dampfkessel".
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