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beiden Geschlechtern und s<ließlih den Jubel ihrer Versöhnung
dar. Unsere heutigen Gesellshaftstänze sind bloß erbärmliche
Trümmer, herausgerissene Fragmente jener alten Tänze, die
vor dem Sclußwalzer einen Scheinkampf darstellten.
Selbst in der Architektur kommen Scheinkämpfe zum Aus-
dru>. Die Wechselwirkung zwischen Last und Stüßwerk wird
durch die Dekoration wie zu einem lebendigen Kampfspiel der
Kräfte erhoben.
Die menschlichen Spiele sind alle Sheinkämpfe. Weglassen
müssen wir aber das Spiel um das Geld. Das ist kein Spiel
mehr , bei dem es nicht Ernst ist, es wären denn die Einsäße
so niedrig, daß Gewinn und Verlust noh als Spaß betrachtet
werden kann. Sonst ist es eine erbärmliche , sittlihe Häßlich-
keit. Ein Spieler ist von dem Standpunkt der Aesthetik eine
widerlihe Erscheinung, wogegen ein Mörder, Räuber eine ganz
vortrefflihe Figur macht. Beim Hazardspiel spielt man ohne
zu spielen. Das wahre, schöne Spiel ist aber Ernst ohne Ernst.
5 6:
Der Gehalt im Schönen ist, wie sim aus 8 5 ergibt,
mittelbar oder unmittelbar stets der Üensch. Das Schöne
ist wesentlich persönlich. Beseelung der ganzen Viatur und
Llaturwerdung alles Geistes.
Dieser Saß in meiner Aesthetik hat vielfach befremdet und
Bedenken erregt. I< kann es nicht begreifen. Man hat mir
gejagt: „Wie? Die Kunst stellt den Menschen dar? Das kannst
du etwa sagen von der Skulptur oder von einem Teil der
Malerei, aber nicht von der ganzen Kunst, vor allem nicht von
der Architektur. Und die Poesie? Auch sie gibt uns Bilder
von Erscheinungen, worin kein Mensc< auftritt.“ Wie flach sind
diese Bemerkungen!
Die Architektur, die soll keinen Menschen darstellen ?
Was stellt sie denn dar? Sc<on bei unserem Einbli> in die
Formsymbolik haben wir gesehen, daß sie das innere Leben der
mensc<lichen Seele zum Ausdruck bringt. Dabei spricht sich in