Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Vergöttlichung der Natur. 
--- Er fühlt mix schon herauf die Brust, 
Er fühlt mit Liebessc<hauerlust 
Und jauchzendem Gesange. 
Der erste Reim männlich, der zweite weiblich, eine fließende, 
dur<aus wohlgefällige Art der Abwechselung. Die fünfte und 
sechste Verszeile reimen sich unmittelbar, sind männlich und 
bringen mehr Bewegung hinein. Dann aber die siebente greift 
zurü und faßt so den Schluß zusammen mit dem ersten Teil 
der Strophe. Dieses formale Gesetz gehört wesentlich zum Aus- 
drUu>. 
C5 schlüpft der goldne Sonnenschein 
In Tropfen an mir nieder, 
Die Woge wieget aus und ein 
Die hingegebnen Glieder; 
Die Arme hab ich ausgespannt, 
Sie kommt auf mich herzu gerannt, 
Sie faßt und läßt mich wieder. 
„Die Woge wiegt.“ Eine Allitteration und geradezu das 
Zeitwort gebildet aus derselben Wurzel. Das bringt das eigen- 
tümliche Gefühl des rhythmischen Auf- und Niedergleitens. Dann 
fühlen Sie auf einmal das Eilende im Vers. Das Element 
wird tiefer und tiefer mit Geist dur<drungen und schließlich 
kommt der prächtige Vers: 
Du weisest shmeichelnd mich zurück 
Zu deiner Blumenschwelle. 
So trage denn allein dein Glü 
Und wieg' auf deiner Welle 
Der Sonne Pracht, des Mondes Ruh: 
Nach tausend Irren kehrest du 
Zur ew'gen Mutterquelle ! 
Das heißt die Natur beseelen! Das ist Phantasie, = tro>en 
wisjensc<aftlich gespro<hen: Symbolisierung, intim ahnendes Ein- 
fühlen. 
Weiter! Man muß sic<ß au< des Menschenähnlihen und 
Mensc<enverwandten im Tiere erinnern. Die Fabeln, welche von 
vredenden Tieren erzählen, sind uralt. In ihrem idealen Kinder- 
zustand glaubte die menschliche Phantasie ganz leicht, Tiere könnten 
spreehen und empfinden wie Mens<en. Der tote Achilles wird 
95
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.