Höhe des Gegenstands und Höhe der Kunst. Formgeseze. 115
Es ist doch nichts in der Kunst, wenn einer kein Kaliber hat.
Man macht viel Anmutiges, Reizendes, man kann Novellen
schreiben, die im Munde laufen wie ein angenehmer Süßwein,
wie Maitrank: und alle Welt wird's loben. Wenn aber einer
Kaliber hat, dann reißt er uns in die Höhe; und das ist dann
ein Anderes, Größeres; das spürt man doh im Augenbli>.
3.8
Die Sorm, d. h. die erscheinende Einheit in der Vielheit
und Vielheit in der Kinheit (vgl. 8 4) enthält folgende
Momente: Begrenzung in Raum und Zeit. Maß. Klare
Teilung des Vielen. Regelmäßigkeit (in verschiedenem, nach
Gebieten modifiziertem Sinn). Symmetrie (ebenso). Pro-
portion. Lebendige, organische, Kontraste setzende und
lösende Zarmonie. Dies letztere Moment schließt die übrigen
(vgl. 8 11) in sich und gibt ihnen ihre wahre, tiefere Be-
deutung. = Durch das Ganze seiner Figenschaften erwedt
das Schöne als die sinnenfällige, aus8dru>svolle harmonische
Sorm eine Stimmung, welche die Vorstellung eines har-
monisc<en Weltalls enthält. Die Lust in seiner Anschauung
trägt den Charakter der Unendlichkeit. Das Schöne ist der
Punkt, wo die Gegensätze des mensc<li<en Wesens in eins
fallen. Dies ist der innerste Grund seiner LrotwendigbPeit.
Hiemit kommen wir also an die formellen Bestimmungen
des Schönen. Das Scöne ist Form. Damit müssen wir es
nun genauer nehmen. Es liegt shon lange allen unseren bis-
herigen Betrachtungen auf der Zunge, zu sagen: kommt eines
Wesens Lebensgehalt ganz zur Erscheinung, so wird die innere
Gesezmäßigkeit in der Form als Harmonie, als Ordnung er-
scheinen. Vieles ist im Schönen zu messen, zu zählen, aber doh
könnten wir den Formalisten nicht beistimmen. Die Bestimmungen
unseres Paragraphen sehen mathematisch aus, wollen sich aber
nicht recht fassen lassen.
Es ist uralt, daß man das Schöne als Formgeseklichkeit
bestimmt hat. Plato sagt: Das Schöne ist das Maß, das Sym-