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in zu große Ferne treten , und dabei haben wir keine Klarheit
vom einzelnen; die Teile verschwinden uns. In der Nähe aber
muß man am Bilde fortlaufen, und dann vergißt man das
Vorhergehende; das Gedächtnis verjagt. Das ist ähnlich, wie
wenn etwas in der Zeit zu lang ist.
Anderes entzieht sih durc< Kleinheit unjerem sinnlichen
Auffassungsvermögen. So gibt es 3. B. in Dresden einen
Kirschkern, worauf fünfzig Gesichter eingeschnitten sind. Auch
das schwindet ineinander. Das Auge muß eine Bahn haben.
Miniaturen sind etwas Nettes. Man sieht gern die emsige
Liebe, die sich so ins Kleine vertieft. Der Kleinmaler Meissonier
ist ein großer Künstler. Aber das hat seine Grenzen. Noc<
etwas kleiner, dann zerfließt es und schwimmt ineinander; man
kann die Teile niht mehr unterscheiden. Das Kleine, auch
wenn es nicht zu klein erscheint für die Sinne, ist do< bei einem
gewissen Grad unter der Würde der Kunst.
' Relative Größe oder Kleinheit haben sehr viel zu schaffen
mit der inneren Bedeutung eines Kunstwerks. Was nur für das
Genre taugt, darf ich nicht in Lebensgröße darstellen. Das macht
sich fühlbar vor Adolf Menzels Begrüßung zwischen Friedrich
dem Großen und Kaiser Joseph. Dagegen soll ein wichtiger, ein
historis<er Gegenstand nicht zu klein erscheinen, sonst wirkt er
wie ein Genrebild. Antiken, wie die Venus von Milo, ver-
lieren außerordentlich in der Reduktion auf kleinen Maßstab.
Das ist auch Symbolik, die wir auf den Gegenstand über-
tragen.
Maß in der Zeit. Ein paar Worte können kein Gedicht
machen, ein paar Töne keine Musik. Zu lang ist wieder nichts.
Da erlis<ht das Feuer; das Behalten kann mit dem Auffassen
neuer Teile niht mehr Schritt halten; man verliert im Rüden,
wenn man vorn zu viel bekommt. Also kein zu langes Gedicht
oder Musikstück!
Maß bezieht sich aber auch auf die Kraft. Es joll auc<
das Kraftmaß =- ich meine jeht nicht das Umspannungsmaß,
sondern das ZIntensitätzmaß = unserer Sinne, unserer Auf-
merksamkeit und Sensibilität nicht überschritten werden. Das
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