Vorwort des Herausgebers.
Nun liegt es bekanntlich in der Natur mündlicher Lehre,
früher Erledigtes zum Zwe> der Anknüpfung eines neuen Ge-
danfens wieder aufzunehmen - und variierend in Erinnerung zu
bringen. Das ist nötig, und es hat nichts gegen sich, denn das
gesprochene Wort verklingt. Wo aber sc<warz auf Weiß, „im
Raum sichtbar“, vor uns steht und „vor der prüfenden Be-
trachtung verweilt“ ?), was im Laufe der Zeit, in einer sich
dur< Wochen und Monate erstrefenden, immer wieder unter-
brochenen Reihe von Stunden gesprohen wurde, da nehmen
sich die Wiederholungen nicht gut aus. I< habe nun zwar
manche gestrichen oder doch gekürzt, aber es war nicht möglich,
alle zu beseitigen, dem originalen Gedankengang wäre sonst
allzusehr Gewalt angethan worden. Ich hoffe indessen, die
redemäßige Unmittelbarkeit des Ausdru>s werde die strengen
Ansprüche, die man sonst an die Komposition eines Buches
mat, hier nicht auffommen lassen.
Es erscheinen hiemit nur die beiden ersten, allgemeinen Teile
der Aesthetik in der Fassung, wie sie mein Vater seit ca. 1870
der Lehre von den einzelnen Künsten vorauszuschi>en pflegte.
I< gewann im Laufe meiner Arbeit die Ueberzeugung, daß
i< mich darauf zu beschränken habe, denn das Folgende, näm-
lich die Lehre vom Wesen der Architektur, Plastik , Malerei,
Musik und Poesie , unterscheidet sich im Inhalte dom nur un-
wesentlich vom dritten Teil des mehrbändigen Buches, das mein
Vater 1846 begonnen und 1857 vollendet hat 2), Von diesem
wird demnächst im Cottaschen Verlag eine zweite Auflage er-
scheinen.
Beide Werke, das wuchtige alte und das leichter bewegte
neue, das ich hier zu Tage fördere, werfen ihre Strahlen
ineinander und dienen sich gegenseitig zum Ersaß. Mit dem
neuen zwar wird Vieles und Wesentliches in den ersten beiden
Teilen des alten aufgehoben und anders gewendet, aber die
0.0.02 S- X.
2) Stuttgart, C. Mäcen.