1. Erster Teil. 8 10.
Welt und sich selbst lächelnden Humor finden wir aber erst ganz
entwickelt bei Sterne, Goldsmith (Vicar of Wakefield) und
Jean Paul. Der Humor der Engländer ist ganz vorzüglich,
jedo<h häufig trivial. Der unseres Jean Paul, der es leider
durc< Formlosigkeit vers<herzt hat, noc< so gelesen zu werden,
wie er es verdient, hat mehr Tiefe und bleibt frei von geschlecht-
lihen Schlüpfrigkeiten und Zweideutigkeiten. Da gibt es keinen
Teufelsdre> von Frivolität.
Fragen wir nach dem Grad und Umfang, worin die Künste
das Komische wirken lassen, so ergibt sich sofort: die Architektur
hat nichts und die Skulptur nur wenig damit zu thun; in der
Malerei und Poesie dagegen spielt es, wie das Sc<auderhafte,
eine große Rolle.
Weiter. Sehen wir nun wieder nach dem einfach
S hönen, wobei das Angenehme nicht erst zu erkaufen ist mit
irgend einer Unlust, sondern uns mild eingeht wie ein will-
kommener Trank.
Eine Erscheinung, die ohne weiteres, ohne Störung schön
ist, heißen wir anmutig. Das Wort kommt von dem Verbum
Anmuten und bezeichnet, näher gefaßt, etwas, was sich anzu-
shmiegen scheint. Wir fühlen dabei ein Entgegenkommen. Es
braucht nicht ein eigentliches, objektives Entgegenkommen zu
sein. Das schöne Bild ist anmutig, ohne daß es sich bewegt;
aber sein Wesen scheint sich uns willig zu nähern und hinzu-
geben. Seine Harmonie erweckt unsere Sympathie. Der Jta-
liener sagt grazia, der Franzose gräce, womit mehr die Form
gemeint ist. Das deuts<e Wort Anmut bezeichnet mehr das
Seelische in der Sache. Jedoch berühren und ergänzen sich beide
Ausdrüce.
Hier müssen wir nun etwas verweilen bei Schillers be-
rühmter, inhaltvoller Schrift „über Anmut und Würde“. Er
nimmt das Wort in engerer Bedeutung und bezieht es nur auf
die mens<lihe Erscheinung, denkt dabei fortwährend an Pex-
sonen. Er unterscheidet sehr fein Anmut von Schönheit. Juno
entlehnt von Aphrodite den Gürtel des Liebesreizes. Aber
wie? Juno ist doc< s<hön! Braucht sie diesen Gürtel? Jawohl,
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