Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Gartenkunst. Vokalmusik. Schauspielkunst. . 
- Dann die Schauspielkunst. Gewiß eine hochstehende Gattung. 
Es ist keine kleine Leistung, des Dichters dramatisches Geistes- 
gebilde vor Auge und Ohr zu bringen. Und der Schauspieler 
muß: ihm in seine Tiefen nac<htauchen, muß die kongenial 
reproduzierende Kraft ihm entgegenbringen. Aber er verwendet 
lebendigen Sioff, nimmt seine eigene Person und Gestalt, sein 
Gesicht und Organ, um den geistigen Mantel des Kunstwerks 
darüber zu werfen. Was er au leisten mag an Kunst und 
Virtuosität, mit Maske, Kostüm, Sc<minke, Perü>e , wie treu 
er sich der darzustellenden Rolle anpassen mag, er kann sie doch 
nicht ganz ausfüllen. Sein Körper und Gehaben ist eben nicht 
für diesen, sondern für den eigenen Charakter gebildet. Sein 
Spiel und das in unserer Phantasie schwebende Bild des 
Dichters de>en si< nicht ganz. Er kommt ihm nur nahe, trisst 
es nur ungefähr. Diese sterbliche Seite, diese Achillesferse der 
Scauspielkunst erkennen Sie klar, wenn Sie in einer und der- 
selben Rolle das eine Mal den Scauspieler X, das andere 
Mal den Schauspieler Y, oder im Verlauf der Zeit gar mehrere 
auftreten sehen. Jeder hebt einen Zug derselben heraus, aber 
keiner gibt sie ganz im Sinne des Dichters. Sie unterscheiden 
sich in Auffassung, Gestalt und Gesichtsform; und dazu kommt 
no<, was alles auf dem Theater an Zufällen passieren kann. 
Jebt ist es deutlih gemacht, und niemand darf mehr 
darüber stußen, wenn ich sage: der Stoff soll roh und tot sein, 
damit der Künstler um so freier arbeiten könne. Lebendiger Stoss 
ist vielleicht schon an sich shön, aber anders shön. Er drüct An- 
deres aus und ist nicht rein passiv. Hat er an sich schon ästhetischen 
Reiz, so ist dieser bloß naturschön, niht wahrhaft schön. Das 
wirkliche Leben ist auch das getrübte und von stoffartiger Wirkung. 
Die Thätigkeit nun, die den Stoff verarbeitet, hat not- 
wendig etwas vom Handwerk und will in ihrem Ernste wohl 
gewürdigt sein. Der Uebergang aus dem Inneren zur Her- 
stellung des Kunstgebildes ist shwer und führt dur< eine enge 
Pforte. Es scheint, das Vermögen darzustellen, müsse mit dem 
inneren Talent shon da sein, das Ausführen gehe so von selbst, 
das Bild der Phantasie rinne nur so hinüber zum Stoff, es sei 
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