Künstlerische Wahrheit. Danne>ers Schiller. Ausführung. 253
wäre das möglich, wenn er nicht selbst vorher oftmals schöne
Frauen gesehen hätte? Und könnte er es malen, ohne wenigstens
für gewisse Teile schöne Modelle zu haben? Das Zdeal schwebt
nicht in der Luft, es steht vielmehr in dem Verhältnis eines
gleichsam <emis<hen Prozesses zu dem angeschauten Naturschönen,
es zieht Teile herüber und läßt Teile zurü>. Dieser Prozeß voll-
zieht sih unbewußt. Daher lautet die Aeußerung Raphaels
auch naiv, und das ist ja ganz nett.
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Wirklihe Ausführung: Die Te<hnik. Schule. Weister-
s<haft: Schein der Mühelosigkeit im Werke. Ls gleicht an
Objektivität einem LIaturwerk. Virtuosität. Manier
(im Unterschied vom rein tehnischen Gebrauche des Worts):
künstleriscHe Gewöhnung, worin mehr eine stehende sub-
jektive Auffassung als das Wesen der Sache sim ausspricht.
Stil: Großheit der Auffassung des Gegenstandes in seinen
grundwesentlihen Zügen und mit strengem sim Sügen in
die Gesetze einer Kunst, wie sie sich habituell in die Technik
niederlegt, oder: die idealbildende Thätigkeit als technische
Gewöhnung. In unpersönliher Anwendung bezeichnet
Stil eben jene Gesetze oder die Art der Sormengebung einer
Kunst, wie sie sich aus den tehnisch-geistigen Bedingungen
derselben ergibt. Jnnerhalb des Stils in diesem inten-
sivsten Sinne ist doh eine doppelte Richtung möglich: die
idealistische und die realistische, besser: die direkt und die
indirekt idealisierende. Weitere Bedeutung des Wortes Stil.
Der Kunstharakter einer Schule, Provinz, Liation, dann
einer Epoche.
Es gibt eine Kunst mit dem denkbar geringsten Maße von
Technik, eine Kunst vor der Kunst, die dann freilich auc<h neben
der Kunst fortdauert, aber nur im Gebiete des Zusammentritts
von Poesie und Musik. Ihr Werk ist das Volkslied. Wir
wissen nicht, wo es herkommt. Es stammt nicht aus der Sphäre,
wo einer hinsikßt, ein Gedicht ma<t und seinen Namen dazu