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nung eines Musikwerks, auch der Dichter „baut“ seine Verse
und Strophen, seine Komposition, seine Akte.
Etwas der Musik Verwandtes ist ferner nicht nur in der
Architektur, sondern auc< in den übrigen Künsten. Man sagt
oft von einer Landschaft, sie sei musikalisch, von schön geformten
Bergen, sie bewegen sich musikalis<, rhythmisc<. Die griechischen
Bildhauer nannten die Proportion der menschlichen Gestalt
Rhythmos. Und in der Malerei, wie gern und mit wieviel
Grund sprehen wir da von Konsonanz und Dissonanz der
Farben, die so sehr an Klänge erinnern! Wir gebrauchen den
Ausdru>E: Farbentöne, Farbenaccorde, wie wir andererseits in
der Musik von Klangfarben reden. Es tragen sich die Begriffe
von einer Kunst immer wiederum auf die andere Über, und dieser
Wechselbezug, dieser tiefe Zusammenhang beruht auf der Wahl-
verwandtschaft unserer Sinne. Wenden Sie die Musik auf die
Poesie an, so erscheint nicht bloß die Lyrik mit ihr verwandt und
einladend, von ihr begleitet zu werden. Auch mit dem Epos und
Drama kann sie sich verbinden, und auf alle Poesie wird man gern
musikalische Begriffe anwenden. So pflegt man eine sanfte Stelle
in einem Gedichte oder Schauspiel ein Adagio zu nennen.
Endlich die Poesie selbst als Wertbegriff der übrigen Künste.
In allen kann man für etwas Wohlgefälliges, unmittelbar Be-
wegendes das Prädikat poetisc< brauchen. Do< man darf das
nur behutsam thun. Man sagt: diese Landschaft, diese Gruppe,
dieses Gebäude ist voller Poesie. --
So spielen Rapporte zwischen allen Künsten hinüber und
herüber und zeigen, daß in ihnen eine Seele waltet. Man
fann sie daher auch anders einteilen als ih. Bloß mit der
Zweiteilung ist es ein für allemal nichts.
Hegel?) ordnet so:
1. Die Architektur, die er -- vielleicht nicht ganz glüklic<h --
symbolisch nennt, weil sie im Grunde sinnbildlich wirke.
1) In seiner zu wenig mehr gelesenen Aesthetik. Darin ist zwar vieles
ein überwundener Standpunkt, aber auch so manche von einer wahren
Pracht künstlerischer Anschauung erfüllte Partie, die Sie bei diesem an-
geblich so tro>enen Philosophen sehr überraschen wird.
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