Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Die Verwandtschaft der Künste. Andere Anordnungen. 299 
2. Die Skulptur. Sie ist ihm die satteste aller Künste, die 
wahrhaft klassische, weil hier Ausdru> und Form das reinste 
Gleichgewicht haben. Und dies ist wahr, denn in einem eten 
Bildwerk erscheint die leibliche und die seelische Existenz als ein 
Wesen, das wie ein unteilbarer Guß durc< und durch in sich 
verbunden und ges<hlossen ist. Wer meint, ex dürfe vor einer 
Statue nur auf das Gesicht sehen, versteht die Plastik nicht. 
Die ganze Gestalt muß man betrachten; ihr Ausdru> liegt nicht 
bloß im Gesicht, sondern in allen Teilen. Es ist ein bis zum 
Rande volles Gefäß, nicht unter-, noh überfüllt und nicht 
s<wanfend. 
3. Malerei, Musik und Poesie. Diese Künste, welche hier 
miteinander ein einziges Fach bilden, nennt er die romantischen, 
weil in ihnen der geistige Ausdru> die körperlihe Form über- 
wiege. = Romantisch nennen wir das Phantasieleben des Mittel- 
alters, denn es neigt zu Formen, die uns den Eindru> machen, 
als wiesen sie auf einen unendlichen Hintergrund. Hegel bringt 
nun diesen historis<en Terminus in eine einfach logis<e Dis- 
position von Grundbegriffen. Aber da gehört er nicht hinein. 
. Christ. Hermann Weiße gliedert so: 1. Die Musik, die 
Kunst der bloßen Empfindung, die körperlose Seele aller Kunst. 
2. Sie gewinnt Körper in den bildenden Künsten. 3. Sie 
nimmt die ganze sichtbare Welt wieder zurü> in sich, um sie 
geistig ganz zu dur<dringen in der Poesie. Diese Anordnung 
ist fein, würde sich aber do< nicht empfehlen *). 
Cine andere wäre wieder zweigliederig: 1. Architektur und 
Musik. Beide abstrakt > abgezogen von der Welt der Gegen- 
stände; beide ohne eigentliches Vorbild in der Natur, also nicht 
nac<hahmende Künste. 2. Skulptur, Malerei und Poesie, die 
realen Künste. Da bekommt man nun wieder interessante 
Parallelen, denn die Architektur im ersten Glied ist verwandt 
mit der Skulptur im zweiten und die Musik mit der Malerei. =- 
Das Angeführte reicht hin, um zu zeigen, daß die Künste 
im Grunde bloß eine Kunst sind. 
1) Siehe oben S. 81
	        
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