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Diese ihre lebendige Einheit bewirkt 'nun, daß sie sich an-
einander anlehnen. Die Architektur gibt ja die Stätte her für
alle übrigen Künste und erweist sich auc< deshalb als die Funda-
mentalfunst. Denken Sie nur an den Skulpturschmuc des
Parthenon! Da sehen wir die ganze Bevölkerung Athens in
feierlichem Zuge vorüberziehen, ihrer Göttin die Festgeschenke
zu Überbringen. Denken Sie ferner an die Fresken der sixtini-
schen Kapelle! Dieses Verhältnis der Skulptur und Malerei
zur Baukunst ist jehr wichtig; daraus erwachsen große Jdeen-
reihen.
Die Malerei lehnt sich an die Poesie. Jn der JUustration
von Büchern hat ja die deuts<e Malerei des 16. Jahrhunderts
fast mehr von ihrem Geiste entwikelt als in selbständigen
Werken.
Es gibt aber auc< Entlehnungen von Stoffen. Das
hat zweierlei Bedeutung. Es geschieht entweder zum Zwe> des
Nachbildens oder des Umbildens.
Eine Kunst kann das Werk einer anderen nachzuahmen
suchen. So kann der Maler mit seinen anderen Mitteln und zu
seinem anderen Zwe> das Aeußere und Innere von Gebäuden
wiedergeben. =- Auc< Statuen werden zuweilen in Gemälden
abgebildet. Doch das hat nur geringen, nebensächlichen Wert. --
Der Dichter kann Paläste, Hütten, Kir<en, Bilder zu schildern
suchen, aber es wird sehr schwach ausfallen, und wenn er gar
Musik beschreibt, noh s<wächer.
Aber auc<h zu voller Verarbeitung leihen die Künste ein-
ander Stoff, der shon von ihnen gefovmt ist. Wie sehr dient
Malern und Bildhauern die Poesie zur Fundgrube! Was haben
sie niht alles aus der Jlias und Odyssee geschöpft. In der
Leöche der Knidier zu Ephesos war von Polygnot die Eroberung
Trojas und Odysseus im Hades dargestellt. Die Laokoongruppe
ist frei nam Schilderungen von Sophokles, Virgil u. a. ge-
bildet. Mit Dichterscenen ausgemalt sind die Residenzen in
Münden, Weimar, Stuttgart und das Schloß Hohens<wangau.
Andererseits erhält die Poesie dann wieder Motive von
der Malerei und Plastik. Und innerhalb ihrer selbst, unter