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Man soll nicht sagen: „dieser Wein s<hme>t gut“, sondern: „er
s<hmedt für mich gut“. Da liegt eben alles in der Zufällig-
keit persönlicher Neigung, im Privatinteresse.
Die Empfindung des Schönen ist dagegen objektiv; sie geht
ausschließlih auf das Bild eines Gegenstandes. Und so exr-
weist sich die Wahrheit des Sates: die ästhetische Lust ist nicht
nur eine sinnliche.
Mit dem Worte angenehm verbinden wir wohl auch Den
Begriff eines gemis<ten Wohlgefallens, wo neben den finn-
lichen Faktoren geistige mitspielen. Angenehm in diesem zwei-
fa<en Sinn nennen wir 3. B. eine Unterhaltung, welche mit
Menschen, die uns sympathisch sind, in bequemer Situation, be-
haglichem Raum, bei guter Bewirtung stattfindet. Im allgemeinen
bezeihnet man aber damit zunächst eine Eigenschaft | innlichen
Wohlgefallens, einen äußeren Eindruck, den die Sinne gern
annehmen.
Kant sagt: sinnliches Interesse findet statt, wenn mir nicht
bloß der Gegenstand, sondern seine Existenz gefällt, d. h. wenn
ich wünsche, daß er für mich da sei. Ein solches Interesse nennen
wir pathologisch. Pathologisch heißt: was sich auf einen leiden-
den Zustand bezieht, krankhaft, in weiterer Bedeutung: sinnlich
befangen. Im gewöhnlichen Sprachgebrauch versteht man Unker
Pathos: feierlich gehobene Stimmung. Pathos heißt aber ur-
sprünglich Leiden. Pathologie nennen wir die Krankheitslehre,
die Wissenschaft, welche sich mit leidenden, krankhaften Zuständen
beschäftigt.
Dagegen ist nun also der ästhetisch Betrac<htende frei von
sinnlicher Befangenheit, frei von Leidenschaft. Alles Pathologische,
alles wirkliche Begehren oder Verabscheuen, jeder Wunsc< that-
sächliher Aneignung oder Verwerfung bleibt vom Standpunkt
reiner Kontemplation ausgeschlossen.
Nun müssen wir es aber genauer nehmen mit der Frage,
wel<he Sinne am Schönen beteiligt sind.
Da haben wir zu unterscheiden unjer Verhalten gegenüber
der Kunst und gegenüber dem Naturs<hönen. Bei diesem
spielen auch Sinne herein, die bei jener nicht in eigentliche
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