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Nähe, nicht eigentliche Berührung mit den Gegenständen selbst.
Wohl tritt auc< er mit ihnen in eine <hemische Beziehung, er
empfindet ihre in Gasform aufgelösten Atome. Und zum Teil
dient er gleichfalls der Ernährung, indem er untersucht, ob etwas
genießbar, s<machaft, wohlbekömmlich ist. Die Nase dient so
dem Mund als Vorposten. Der Geruch ist ein Bote des Ge-
j<macs. -- Aber er hat auch feinere Wahrnehmungen. Blumen-
düfte affizieren nicht bloß sinnlich, es schweben mit ihnen geistige
Stimmungen herbei, und das hebt schon etwas ins Jdeale hin-
über. Jedoch in der Kunst darf uns dergleichen nicht unmittel-
bar vorgeführt werden. In ihrem Gebiet soll dieser dumpfe
Sinn nicht in wirkliche Funktion treten; denn Gerüche kann
man nicht bloß scheinbar darstellen, sie werden kein Schein
wie Geschautes und Gehörtes. Bei der Aufführung von Gou-
nods Faust in Paris hat man im Augenbli>d der Himmel-
fahrt Grethens eine Unmasse von Wohlgerüchen über das Pro-
scenium verbreitet. Das ist grob sinnlih. Mephisto würde
dazu nur jagen: gut, was wollt ihr dann thun, wenn ich auf-
trete?
Uebler Geruch erregt Ekel und wirkt dadurch furchtbar ent-
sremdend gegen alles Schöne; er ist sein größtmöglicher Feind. In
einem Raum, wo es übel riecht, kann die anmutigste Erscheinung
nicht gefallen; und nicht einmal das Wort „stinken“ mögen wir
gern aussprechen.
So zart und scheu, so empfindlich und leicht zurücschreFend
ist der Geruch. Wir bezeichnen diese Gefühlsart der Kürze halber
mit dem Fremdwort „apprehensiv“, weil es ihre verschiedenen
Eigens<haften zusammenfaßt.
Ganz anders beschaffen, als die wahren Organe des Schönen
berufen, sind dagegen die beiden kontemplativen Sinne: Gesicht
und Gehör. |
Wir sehen auf Distanz, ohne daß sich deshalb etwas vom
gejehenen Körper ablösen müßte. Nur auf den Lichtwellen
heranfommend, wird sein Schein in Form, Farbe, Bewegung
von uns wahrgenommen. Um ihn als Ganzes zu fassen und
die Totalwirkung seiner Oberfläche aufzunehmen , müssen wir
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