Cinheit von Gehalt und Form.
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Stoff ist 1. sinnlihe Materie, 2. der Gegenstand, wie er
ungesichtet vorliegt (Süjet), 5. der Lebensgehalt in diesem
Gegenstand. Abstrahiert wird im Schönen von 1 und 2,
nicht von 3. Zu diesem, zum Lebensgehalt, schlägt sich
der Geist des Auffassenden und vollzieht an ihm einen
schöpferisch umbildenden Akt. Dieser Akt ist zugleich der
formbildende, harmonische Sorm herstellende. Daher ist die
Sorm wesentlich qualitativ, von freiem Leben durchdrungen.
Wo sie ganz meßbar ist, gewinnt sie den qualitativen
Charakter dur eine eigentümliche Art der Symbolik, eines
unbewußten Linfühlens der Seele; ebenso alle an sich
unbeseelre Erscheinung. So offenbart sim in der ZSorm
das innere Wesen und Leben des Gegenstandes, wie er ist,
nachdem der Geist des Auffassenden (des Zuschauers und
Künstlers) sich in ihn gelegt und ihn zu seinem Ligentum
gemacht hat. Das Was ist aufgegangen in Wie. Aus-
dru>svolle Sorm, formgewordener AuSdru>. Linheit von
AuSdru> und 5armonie oder mimisc< harmonische Sorm.
Demgemäß ist die Lust in der Anschauung reine Linheit
idealer und sinnlicher Lust. Die AusSschließung des Interesses
bestimmt sich nun näher zu dem Satze: es waltet interesse-
loses Interesse (Spiel).
I< habe vieles zusammengenommen; es sind aber lauter
Punkte, die ich nicht trennen kann : Was und Wie, Stoff und Form.
Wir haben gesehen, daß die Nachfolger Herbarts, die Forma-
listen sagen: Alles im Schönen ist bloßes Verhältnis. Wollen
wir nun zurechtkommen, so müssen wir haars<harf unterscheiden:
Inhalt oder Stoff und Form. Wo hört jener auf? Wo fängt
diese an? Das gehört zu den s<wersten Fragen in der Philo-
sophie. Gemeinhin denkt man 3. B.: die Form ist der Vers,
der Inhalt ist der Gedanke. Aber die Form reicht hin-
ein bis ins Mark des Gedankens; und der Gedanke wirkt hin-
aus bis ins Aeußerste der Form; das Seziermesser weiß da
nicht zu trennen. Um uns über das Wesen des Schönen klarer
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