Full text: Vorlesungen über Naturphilosophie

ZWÄANZIGSTE VORLESUNG 
DER WILLE 
CL den drei Gruppen geistiger Vorgänge, dem Empfinden, 
Denken und Wollen, ist uns noch die letzte zu betrachten 
übrig geblieben. Wir räumen dem Wollen eine eigene Vor- 
lesung ein, da es wegen seiner allseitigen Wichtigkeit in der 
Philosophie von jeher, und insbesondere seit SCHOPENHAUER, 
eine bevorzugte Rolle gespielt hat. 
Erinnern wir uns des Eintheilungsgrundes dieser drei 
Gruppen, .so handelte es sich um die Frage nach dem Gebiete oder 
Felde, in welchem die Nervenenergie abläuft. Bleibt sie inner- 
halb des Organismus, ohne sich weiter umzuwandeln, so haben 
wir es mit Eindrücken zu thun, die durch den Zutritt des 
Bewusstseins zu Empfindungen werden. Wandelt sie sich 
innerhalb des Organismus in andere Formen von Nerven- 
energie um, so liegt Denken vor, welches wir fast ausschliess- 
lich in der Gestalt des bewussten, d. h. von der Arbeit des 
Centralorgans begleiteten Denkens kennen. Hier trat uns die 
vorwiegende Wichtigkeit jener allgemeinen Eigenschaft der 
Organismen, mehrfach abgelaufene Vorgänge um so leichter 
zu wiederholen, je häufiger sie aufgeführt worden waren, in 
Gestalt des Gedächtnisses in all ihrer Bedeutung entgegen. 
Gelangt schliesslich das Ergebniss des nervenenergetischen 
Verlaufes in Gestalt irgend einer Energiebethätigung an die 
Aussenwelt, so haben wir es mit einer Handlung zu thun. 
Diese verläuft in vielen Fällen, namentlich solchen, die sehr 
häufig wiederholt werden, ohne Mitwirkung des Centralorgans
	        
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