2. Molekül und Atom 11
nicht umgewälzt, in Bewegung der Moleküle bzw. Atome bestehe (s. unten). Merk-
gesichert. würdigerweise folgte dann aber gerade auf physikalischem Gebiete
ment haben nun noch einmal ein starker Rückschlag. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts
beiden nunmehr war in der gesamten Physikerwelt und auch bei vielen Chemikern die
Meinung verbreitet, daß die Atomistik auf alle Fälle nur eine Hilfs-
konstruktion sei, der ein eigentlicher Erkenntniswert an sich nicht
zukomme. Sie sei ein „Gerüst, das abgebrochen werden könne, wenn
an, darauf müssen der Bau fertig ist“ (Bucherer), ein Bild oder Modell (Hertz), das man
. bekannt voraus- sich von den Erscheinungen machen könne, weil diese sich in vieler
mmt und daß die Hinsicht so verhielten, als ob die Stoffe aus Atomen beständen. Ja,
Demokrit, als es gibt noch heute einige Stimmen dieser Art, obwohl mittlerweile
:hren empfunden die wirkliche Existenz der Atome außer allem Zweifel sichergestellt
genannten Mate- ist, von einem bloßen „Als ob‘ also keine Rede mehr sein kann. Wir
ben scheint (seine werden unten auf die tieferen erkenntnistheoretischen Hintergründe
er bekannt), daß dieser Ablehnung der Atomistik zurückkommen. Zunächst ist es jetzt
jer Welt aus den unsere Aufgabe, den heutigen Stand der Atomlehre darzulegen, wobei
der Schwere, zu wir allerdings ein bißchen dogmatisch verfahren müssen, weil die aus-
einen unversöhn- führliche Begründung uns an vielen Stellen allzu weit in die spezielle
ihrem formenden Wissenschaft hineinführen würde.
taltungskraft vor- Der wesentliche Inhalt der modernen Atomlehre läßt sich in den
Demokrit selber Satz Ostwalds zusammenfassen, daß „alle Materie eine körnige
römischer Schüler Struktur hat‘, das soll heißen, daß sie nicht, wie der Augenschein
erialismus gelehrt lehrt, den von ihr eingenommenen Raum völlig gleichmäßig (homogen)
erfüllt, sondern vielmehr in Dimensionen, die unterhalb der Grenzen
weltanschaulichen auch der mikroskopischen Sichtbarkeit liegen, eine Struktur besitzt,
st bis in die Neu- die etwa an ein feinmaschiges Netz oder einen Sandsteinfelsen oder
t genug der Fall eine Wolke von Nebeltröpfchen erinnert. Man muß sich hierbei hüten,
über ihren Wert diese Behauptung ohne weiteres mit der anderen gleichzusetzen, daß
die Sache, sobald die Materie aus einzelnen voneinander durch leere Zwischenräume ge-
1pirischen Wissen- trennten Teilchen bestehe. Denken wir uns eine Wasseroberfläche
»ichnet oder doch mit sehr viel kleinen Wellchen, so ist auch. diese inhomogen, ohne
‚eführt wird. Dies deshalb diskontinuierlich, d.h. unterbrochen zu sein. Ebenso würde
fange des vorigen eine Photographie des Sternhimmels, mit unscharfer Einstellung des
Dalton und dem Objektivs aufgenommen, nicht einzelne voneinander getrennte Licht-
1) gelungen war, punkte, sondern einen diffusen Lichtschimmer zeigen, der sich um be-
Grundgesetze der stimmte Punkte jeweils stärker konzentriert, ohne daß jedoch für diese
‘© und das „‚Gesetz bestimmte Grenzen angebbar wären. So ähnlich könnte es sich mit
o ist die Atomistik der Materie also auch verhalten, zumeist wird freilich der Vorstellung
„ wenn auch die das einfachere und anschaulichere Bild der getrennten Teilchen zu-
\uch in dieser er- grundegelegt. Man mache sich aber hier sogleich klar, daß von dieser
; im Jahre 1856/57 speziellen Form des Bildes abgesehen werden kann, ohne daß das
‚ die Grundgesetze Wesentliche, die inhomogene „körnige‘“ Raumerfüllung, dabei
daß die Wärme Schaden leidet.