298 IIT. Materie und Leben
Spur einer Veränderung wahrzunehmen ist. Man kann ihn beliebig der
oft zu demselben Versuch wieder benutzen. Wie für diesen chemischen mu:
Vorgang der Braunstein als „Katalysator“ wirkt, so wirken in anderen gro.
Fällen andere Stoffe, z. B. bei der Fabrikation der Schwefelsäure nach daß
dem Kontaktverfahren fein verteiltes Platin als Vermittler der Oxy- Kat
dation des Schwefeldioxyds SO, zu ‚„Schwefelsäureanhydrid‘“ SO;, der
Uranverbindungen als Vermittler der Vereinigung von Stickstoff und Aui
Wasserstoff zu Ammoniak (Habers Ammoniaksynthese) u. a. m. Die E
genauere Untersuchung dieser Verhältnisse hat die moderne chemische niss
Technik in ganz hervorragendem Maße gefördert. weit
Daß nun in den lebenden Organismen katalytische Prozesse eine halt
außerordentlich große Rolle spielen, ist eine Erkenntnis, die wir zwar nich
längst nach dem vorhandenen Material hätten machen können und in zust
vielen Fällen auch gemacht haben, die aber, wie so vieles, weil andere rakt
Dinge noch näher lagen und vorläufig mehr interessierten, lange Zeit phy
unbeachtet liegenblieb. Am längsten bekannt ist die katalytische wicl
Wirkung eines . Stoffes, der in keimenden Getreidekörnern enthalten Leb:
ist und. die Fähigkeit hat, Stärke in Zucker zu verwandeln. Man kann in ei
diesen Stoff, die sog. Diastase (diastasis = Verwandlung, griech.), mit entv
Wasser z.B. aus Malzkörnern extrahieren und erhält ein trockenes mill;
gelbliches Pulver, welches die genannte Fähigkeit besitzt, wie durch alle
Versuche mit Stärkekleister leicht nachzuweisen ist. Allgemein nennt ren
man die organischen Katalysatoren Enzyme* oder Fermente**, natü
weil auch die Gärung von solchen hervorgerufen wird, wie wir sogleich enor
näher erläutern werden. Bekannter sind unter ihnen insbesondere die rung
Verdauungsfermente, d. h. die Stoffe, welche im menschlichen (tierischen) gege
Verdauungskanal die Löslichmachung der Nahrungsmittel bewirken, Elek
indem sie die verwickelteren Moleküle derselben zu einfacheren ab- neue
bauen, so z. B. das Ptyalin des Speichels, welches, der Diastase ähnlich, Übeı
Stärke in Zucker verwandelt, das Pepsin des Magensaftes, das Eiweiß- (s. a
stoffe in lösliche Peptone abbaut usw. Manche dieser Enzyme wirken über
nur im Verein mit bestimmten anderen einfacheren Stoffen, oft an- zust:
organischen Säuren, Basen oder Salzen zusammen, ihren sog. Kom- Fors
plementen, so z. B. das Pepsin nur mit Salzsäure zusammen. Die Lebe
meisten dieser Katalysatoren, die man bisher untersucht hat?®), sind Ni
Gruppenkatalysatoren, d.h. sie bringen gewisse Reaktionsarten in Biolc
Gang an einer ganzen Gruppe von mehr oder minder verwandten der
Stoffen. Oft sind jedoch die Katalysatoren auch ganz streng spezifisch, mec
sie veranlassen eine einzige ganz bestimmte Reaktion bei einem ein- daß ;
zigen ganz bestimmten Stoffkomplex, sie passen dazu „wie der Schlüssel gehe!
ins Schloß“. Hierher gehören insonderheit wahrscheinlich die meisten kom]
* von zyte = Zelle (also Zellinhalt), nicht von zyman = gären (gr.). (synt
** von lat. fervere = gären. vorb