28 I. Kraft und Stoff
tische Fragen erhoben, die man seitens der Naturwissenschaft nicht
einfach als überflüssig beiseiteschieben konnte und auch gar nicht schwebte
wollte, weil man — dies ist eines der merkwürdigsten Paradoxa der thesenfre
Philosophiegeschichte — eigentlich auf diesem Wege der etwas an- An viele
rüchigen Philosophie endgültig ledig zu werden hoffte. Die Naturwissen- unzweife
schaft jener Tage war empiristisch bis zum äußersten. Sie erkannte überhau]
nur die Erfahrung und abermals die Erfahrung als alleinige Erkenntnis- sie. Ma
quelle an, jegliche spekulative Betätigung erschien ihr von vornherein „Wärme.
verdächtig, sie war höchstens als Hilfsmittel annehmbar, um zu neuen Erfahrur
Erfahrungserkenntnissen hinzuleiten. Von diesem Grundgedanken ge- 7 schen
leitet, kamen in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts mehrere Na- Schüler
turforscher ziemlich gleichzeitig auf den Gedanken, die Physik und Chemie entbehr!:
einmal daraufhin durchzusehen, ob in diesen Wissenschaften selbst nicht portione:
am Ende doch auch noch spekulative, „metaphysische‘‘ Elemente steck- auf ande
ten, die demnach sobald wie möglich entfernt werden müßten, denn der groß
„metaphysisch‘, das war ja gleichbedeutend mit überflüssig und geradezu war un
schädlich. ‚Die Tendenz dieser Schrift ist eine antimetaphysische‘ — so Ra
beginnt das Vorwort zu derjenigen Schrift, die für diese Richtung insonder
führend geworden ist, dem Werke Ernst Machs: „Die Mechanik in BEN ON
ihrer Entwicklung“. Ganz ähnlich formuliert Ostwald gleich zu An- hat im
fang seines Werkes über „Naturphilosophie‘“ seine Aufgabe. Daß er ende de
dabei den Mut hatte, das verpönte Wort „„Naturphilosophie‘“ überhaupt Was «
wieder zu gebrauchen, war schon ein Wagnis und ist dem Werke auch denn 7
nicht gut bekommen. Im Grundsatz verfolgte er das gleiche Ziel wie u Kl
Mach, dem es gewidmet ist, wenn er auch in Wirklichkeit in seiner Model
Energetik nachher ganz etwas anderes bot, als er selber wollte, nämlich ON
eben eine Metaphysik. Weniger ausführlich als bei diesen beiden Wort- N rat
führern, jedoch nicht minder klar und deutlich, ist die gleiche „anti- der N
metaphysische‘*‘ Tendenz in unzähligen Schriften ??) damaliger, teilweise ur ter
auch noch heutiger akademischer Wortführer der Naturwissenschaft darüber
zu finden, namentlich die Vorwörter der Lehrbücher der Physik und führen
Chemie, die Antritts- und Festreden und dergleichen mehr für das Ole Bil q
größere Publikum bestimmte Äußerungen wimmeln von solchen Sätzen, einen.
wie etwa dem folgenden, beliebig aus der Fülle herausgegriffenen Satze hessen.
Kirchhoffs: „Aufgabe der Naturwissenschaft ist es, die in der Natur Aber mn
vor sich gehenden Erscheinungen möglichst vollständig und auf die oder N
einfachste Weise zu beschreiben.‘ In allen diesen Fällen richtete sich jeitunn
die fragliche antimetaphysische Tendenz nun in der Hauptsache gegen führung
diejenigen Elemente innerhalb der Naturwissenschaft, welche man Erkennt
unter dem Namen „Hypothesen“ überall in ihr antrifft, und deren vor- deckung
nehmstes Beispiel eben die Atomhypothese ist (daneben die Wellen- Letztere
hypothese des Lichts, die kinetische Wärmehypothese u. a. m.). Als Zwar dı
ideales, allerdings wohl erst in ferner Zukunft zu erreichendes Ziel Hypoth