Full text: Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften

11. Die Selektionslehre 459 
Dasein Versuche von Jollos u.ä. beweisen, daß tatsächlich bei Kinwirkung 
Cr. be: konstanter Außenwelteinflüsse sich Mutationen in ganz bestimmten Rich- 
* eine tungen zu summieren scheinen. 
chatten Wenn sich auf diese Weise also eine „Orthogenese‘“‘ auch theoretisch 
Gene- vielleicht verständlich machen läßt, so muß doch besonders darauf auf- 
herein merksam gemacht werden, daß dies keineswegs eine Orthogenese im 
nd so Sinne des Lamarckismus ist. Just hat in dieser Beziehung die sehr glück- 
liche Unterscheidung von kausalem und finalem Zufall her- 
{teten vorgehoben #7). Wenn die orthogenetischen Theorien recht haben, so 
Plus- sind die Variationen nicht, wie Darwin glaubte, rein zufällig, sondern sie 
89 die sind bestimmt gerichtet. Aber damit ist noch nicht gesagt, wohin sie 
 Jeru gerichtet sind, und daß weiter diese Richtung die auf das Anpassungsziel 
regu- sein müßte. Es ist durch jene Theorien nur der „kausale Zufall‘ aus- 
tische geschlossen, in finaler Hinsicht bleibt dagegen der Zufall bestehen. Es 
ı Dar: erfordert weitergehende Annahmen, wenn auch dieser ausgeschlossen 
 Hions- werden soll. Das muß man sich wohl klarmachen, um nicht blindlings 
Der aus den von Eimer u. a. festgestellten Tatsachen den Lamarckismus zu 
yanis- folgern. Dieser hätte erst dann recht, wenn nachgewiesen würde, daß 
jede die in Rede stehenden „orthogenetischen‘‘ Variationen in direkter Be- 
visch ziehung zum Anpassungsziel stehen, welcher Nachweis indes. wie wir 
selck- oben sahen, einstweilen aussteht. 
einer Noch weiter als der Lamarckismus aber treiben gewisse andere Ab- 
„ Son- stammungstheorien die Orthogenese auf die Spitze, indem sie die Außen- 
kann, welt überhaupt ganz ausschalten und die Veränderungen lediglich durch 
hren- ein inneres vorwärtstreibendes Prinzip erfolgen lassen. Die ältere Natur- 
<Xippt, philosophie redete von einem „nisus formativus‘‘, Nägeli sprach von 
dings einem Vervollkommnungstrieb und Ber gson vom ‚„elan vital‘ — es ist 
rden, immer das gleiche gemeint, nämlich ein zunächst ganz mystisch an- 
ı auf: mutendes, in den organischen Wesen selbst wirksames Prinzip, welches 
ollen. man in direkte Parallele zu den „Entelechien“‘ stellt, die die Einzelent- 
von wicklung dirigieren sollen?8). Die gegen solche teleologischen „KEr- 
nein: klärungen‘“ überhaupt zu erhebenden Bedenken sind oben erörtert wor- 
Ein: den. Es muß hier nur hinzugefügt werden, daß die bei solchen stammes- 
zus geschichtlichen Erörterungen regelmäßig zugrunde gelegte Parallele mit 
j W. der Einzelentwicklung ganz verfehlt ist. Denn die Kinzelentwicklung 
neine steht tatsächlich unter dem Einfluß der Vererbung, die sozusagen ihre 
stem Entelechie darstellt, die Stammesentwicklung dagegen soll ja das Zu- 
ner standekommen dieser Erbanlagen gerade erst erklären. Wenn man hier 
. 80- nicht echte „Epigenese‘‘, sondern doch wieder bloße „Evolution“ 
 Ben- (s. S. 330) annehmen will, so kommt man zu der absurden Folgerung, 
gen daß dann schon in den ersten einfachsten Zellen Mensch und Löwe, 
des Hering und Ameise dringesteckt haben müßten und das Ganze des Art- 
\euen entwicklungsprozesses weiter nichts als eine „Entfaltung‘“‘ aller dieser
	        
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