Full text: Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften

482 IV. Natur und Mensch 
möchte auch diesen Gegenstand nicht verlassen, ohne der aufsehen- 
erregenden Aufstellungen Hermann Wirths“*%) zum wenigsten zu ge- 
denken, der glaubt, aus der Untersuchung der vorgeschichtlichen Schrift- 
und Kultsymboldenkmäler Rückschlüsse auf einen Zeitraum von fast 
10000 Jahren vor unserer gewohnten „Geschichte“ ziehen zu können. 
Ohne irgendwie dazu Stellung nehmen zu wollen, sei nur betont, daß 
wohl jedem Einsichtigen zum wenigsten dies an solchen Versuchen klar 
wird, daß nur das innigste Zusammenarbeiten aller Forschungszweige: 
Philologie, Vorgeschichte, Archäologie, Religionsgeschichte, Völker- 
kunde, Rassenkunde usw. hier zu Resultaten führen kann, und daß es 
höchst töricht und kurzsichtig ist, wenn die Vertreter aller dieser ein- 
zelnen Fachwissenschaften sich immer wieder eigensinnig allein auf ihre 
Spezialforschungsmethode versteifen. Hier kann nur Synthese, nicht 
weiteres Sichauseinanderarbeiten zum Ziele führen. 
Ebenso ungewiß wie über die bisher erörterten Fragen unserer Vor- 
geschichte sind wir über die Frage, durch welche Ursachen wohl der Vor- 
gang der Menschwerdung sich vollzogen haben mag. Da der Mensch das 
einzige Lebewesen ist, welches in seinem Körperbau keine besonderen 
Spezialisationen für den Daseinskampf aufweist — er besitzt an seinem 
Körper weder besondere Angriffs- noch Verteidigungswaffen, noch be- 
sondere Fluchtorgane4!?) —, so hat man gefolgert, daß der Übergang 
vom Tier zum Menschen jedenfalls nur in einer relativ gefahrenfreien 
Umgebung und auch in einem milden Klima vor sich gegangen sein 
könne, was nach Klaatsch „eine unverkennbare Parallele zu der be- 
kannten Paradieserzählung der Genesis und den Sagen vom goldenen 
Zeitalter‘‘ bedeuten soll.( ?) Die meisten Anthropologen sind wohl der 
Meinung, daß dieser Übergang sich in einem etwa unseren heutigen 
„Prärien‘‘ ähnlichen Steppenlande vollzogen hat, und sehr viele sehen 
geradezu in dem Übergang vom Wald- (Baum-) Leben zum Steppenleben 
die Veranlassung dazu, daß der Mensch den halb aufrechten Gang mit 
dem ganz aufrechten vertauschte und dadurch sowohl den Kopf wie 
die Hand für die Höherentwicklung frei bekam. Mag dem sein, wie ihm 
wolle: Wer den Menschen nicht fix und fertig vom Himmel fallen lassen 
will, muß einen so oder so gearteten Übergang annehmen, und sicher 
ist dann weiter, daß jedenfalls auch bei monophyletischem Ursprung 
eine Trennung der Menschheit in verschiedene Hauptrassen oder Stämme 
sehr bald eingetreten sein muß. Vielfach wird angenommen, daß die 
heutigen Zwergvölker als noch stehengebliebene Reste der ersten Mensch- 
heit angesehen werden können, doch läßt sich auch dagegen vielerlei 
einwenden. Der Beginn mit kleineren Formen würde, sonst einer all- 
gemein geltenden Regel der Stammesentwicklung entsprechen. — Auch 
auf die Frage, wo (bei monophyletischem Ursprung) die Wiege der 
Menschheit gestanden hat, gibt es sehr viele verschiedene Antworten. 
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