Full text: Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften

4. Erbanlage und Kultur 543 
te Ein- Mit diesen paar kurzen Bemerkungen müssen wir dies an sich höchst 
trinnen wichtige Kapitel nun leider abschließen, den Leser jedoch bitten, sich, 
1b auch wenn er es noch nicht getan hat, baldmöglichst weiter in dasselbe zu 
lebens- vertiefen. Es geht hier um die wichtigste Frage unseres ganzen heutigen 
‚nkheit, Kulturlebens, denn es ist klar, daß alle Bemühungen, um was auch 
nn Auf- immer für Werte aller Art uns gar nichts mehr nützen können, wenn in 
ir, daß ein paar Generationen die Menschen ausgestorben sein werden, die alles 
MismMuUSs das machen müßten, was an sich sehr gut und schön wäre. Die erste 
°h lang- Vorbedingung alles Kulturlebens ist und bleibt die Existenz von Men- 
abahnt. schen, die ein solches tragen können. Damit soll, um das zum Abschluß 
indung nun auch noch einmal zu wiederholen, in keiner Weise bestritten werden, 
ıssische daß die Kulturentwicklung ihre eigenen Gesetze befolgt oder anders 
Gesell- gesagt: es soll keinesfalls behauptet werden, daß die Erbanlagen allein 
h-orga- es machten. Der Mensch hat daneben jenen Zusammenhang der Gene- 
>». Jede rationen auf einer höheren Ebene, den wir seine „Geschichte‘‘ nennen 
ichtlich (Sitte, Tradition, wissenschaftliche Ausbildung usw.). Es sei fern von 
schaf- uns zu verkennen, daß durch diesen der eigentliche Inhalt des Menschen- 
Vas wir lebens in weit stärkerem Maße bestimmt wird als durch das überkom- 
‚mittel- mene Erbgut als solches. Auch ist es für den, der unsere frühere Aus- 
erstört, führungen über das Freiheitsproblem (s. oben S. 511f.) anerkennt, ganz 
; keine klar, daß neben beiden Faktoren, dem Erbgut und der Tradition (die 
bstver- für den einzelnen der wichtigste Umweltfaktor seiner Entwicklung ist), 
16 USW. ein ganz irrationaler dritter Faktor an der Geschichte mitwirkt, der, 
owenig weil einmalig, überhaupt in keine Regel zu fassen ist: das große ge- 
in die schichtebildende Genie, und im kleinen auch im einzelnen Menschen- 
ritäten leben jeder wirklich freie Entschluß. In diesem Sinne haftet aller Ge- 
otzdem schichte jene Einmaligkeit tatsächlich an, die Windelband, Rickert 
; selbst u. a. (s. S. 244) veranlaßt hat, sie als „idiographische‘‘ Wissenschaft der 
ter ein Regeln suchenden Naturwissenschaft entgegenzusetzen. . Wir sehen jetzt 
all und wohl ein, was daran richtig und was daran falsch ist. 
l selbst Indessen können wir diesen Gegenstand nicht verlassen, ohne nun 
‚ Lebe- noch mit ein paar Worten auf eine neuere Betrachtungsweise der Ge- 
solches schichte einzugehen, die sich ebenfalls als „biologisch‘‘ bezeichnet und 
nn‘ Ge- heute deshalb meist mit dem Worte ‚„„Völkerbiologie‘‘ benannt wird. 
us ihr Ihre Hauptvertreter sind Spengler, Piper und Frobenius%°), Nach 
g nur, diesen Autoren sollen die in der Geschichte festzustellenden Kultur- 
ze des entwicklungen in völliger Analogie mit der Entwicklung eines lebenden 
leichen Individuums, speziell eines Menschen, allesamt die Stadien der Kind- 
eigene heit, Jugend, des Reifens, Alterns und Sterbens durchlaufen, ja jene 
. selbst machen sich anheischig, danach die kommende Weiterentwicklung der 
unge €s Dinge, z. B. bei uns in Europa in großen Umrissen vorauszusagen. Da ich 
t dann mich an anderer Stelle*8°) mit Piper, der heute wohl als der bedeutendste 
Vertreter dieser Richtung angesprochen werden darf, ausführlich darüber
	        
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