548 IV. Natur und Mensch
Bestellung ein technisches Problem „bestmöglich‘‘ löst, sondern der-
jenige, der ganz neue Wege zur Verwertung der Naturkräfte selbst erst
ausfindig macht und dadurch neue Ziele, wie das Sprechenkönnen in
die Ferne oder das Fliegen od. dgl. überhaupt erst in den Gesichtskreis
der Menschen bringt. Erst auf diese Weise vollendet sich eigentlich der
Sinn des bereits obenerwähnten Satzes, daß „die Technik fortgesetzte
Schöpfung‘ (Dessauer#%!) ist, Realisierung einer „Idee“ im Reiche der
Materie. Es ist absolut sicher, daß es ohne den technisch arbeitenden
Menschengeist in der ganzen Welt niemals so etwas wie eine Taschenuhr
oder ein Elektrizitätswerk oder einen Radioapparat gegeben hat und
geben wird. Derartige Leistungen geben uns ein direktes Bild des
Schöpfungsvorganges, der auch hinter der ganzen schaffenden Natur
steht. Wir können es hier dahingestellt sein lassen, ob er hier, wo er uns als
unbewußter erscheint, tatsächlich unbewußt oder nicht vielmehr einem
höchsten Bewußtsein ebenso bewußt ist, wie es uns unsere Schöpfungen
sind. In diesem Falle dürften dann auch diese unsere Schöpfungen
diesem Bewußtsein mit eingegliedert sein.
Zu den Problemen der Philosophie der Technik gehört neben der Frage .
nach dem eigentlichen Wesen des technischen Grundwertes die weitere .
Frage, ob es für jede technische Aufgabe (versteht sich hier wie f
überall im folgenden: innerhalb der gegebenen Mittel) eine oder meh-
rere gleichwertige Lösungen gibt. Wenn man durch das Deut- N
sche Museum in München wandert und die Geschichte irgendeines tech-
nischen Problems wie beispielsweise der eben erwähnten Verwandlung ;
von Wärme in Arbeit verfolgt, so ist man selbstverständlich auf den |
ersten Blick unbedingt davon überzeugt, daß ein unendlicher Fort- n
schritt nicht nur möglich, sondern auch wirklich ist und daß es daher
keinen Sinn habe, nach der überhaupt besten Lösung eines technischen
Problems zu fragen. Und doch steigen bei ruhigerer Besinnung Zweifel a
an diesem blinden Fortschrittsglauben auf. Was nämlich ohne weiteres FE
als ein technischer Fortschritt gedeutet wird, ist tatsächlich oft genug he
gar nicht in der Hauptsache ein solcher, sondern ein Fortschritt in der ai:
Auswahl der zur Verfügung stehenden Mittel. Der Fortschritt beispiels- 1.
weise, den der Dieselmotor gegenüber der Gasmaschine darstellt, be- er
ruht in Wirklichkeit nicht eigentlich auf einer technischen Verbesse- Si
rung, sondern darauf, daß mit der Einführung der Petroleumbeleuch- 5
tung die im rohen Erdöl enthaltenen Stoffe der Industrie zugeführt GG
wurden und dadurch ganz neue Konstruktionen von Wärmemaschinen ke
möglich wurden. Wenn wir eine solche Erweiterung der Mittel, deren
Ergreifung unzweifelhaft zu den eigentlich schöpferischen Leistungen rc
im Sinne Zschimmers (s. oben) gehört, mit hinzurechnen wollen, De
dann freilich scheint es keine Grenze der technischen Vervollkommnung lei
zu geben. Sobald wir dagegen uns auf einen ganz bestimmten Kreis en