38 I. Kraft und Stoff
einerseits und der der Flüssigkeitsströmung andererseits. Hier liegt in Wah
also auch eine ‚echte „Fiktion“ in Vaihingers Sinne vor. — Wesent- machen.
lich anders dagegen liegt z. B. schon die Sache bei dem „elektrischen lich eige
Strom“. Zunächst ist hier die Analogie schon eine sehr viel weiter- Konstru
gehende, insofern sie den Energieumsatz im Draht bzw. in der Wasser- besaß u
leitung mit umfaßt, also ein wirkliches in der Zeit sich abspielendes vorhand
Geschehen bei beiden vorliegt. Konnte man aber zur Not trotzdem jederzeit
bis vor kurzem noch daran festhalten, daß das gleichwohl auch nur wie der
eine formale Analogie sei, so sieht die Sache jetzt anders aus, seit vom Zieheı
Standpunkte der Elektronentheorie (S. 106) angenommen werden muß, dem im
daß wirklich existierende, sehr kleine ‚„„Korpuskeln‘““ sich im Drahte senschaf
in der einen. Richtung bewegen. Hier geht die Analogie offensichtlich Kine
in Identität über. — Es würde ein leichtes sein, eine fast völlig kon- allgem
tinuierliche Reihe solcher Vorstellungen aufzustellen von reinen Mo- Erfahr
dellen bis zu fast ganz bildfreien, durchaus realistisch gemeinten Hypo- dessen
thesen hin, und diese Reihe, die die verschiedenen wissenschaftlichen die Er:
Vorstellungen noch heute nebeneinander bilden, hat oft genug die Hitativ
einzelne Hypothese im Laufe der Geschichte von dem einen bis zum könner
anderen Ende durchlaufen, so z.B. die kinetische Gastheorie. Bei dann s
unserer Erörterung der betreffenden Lehren wird dies an Ort und Stelle werder
deutlich genug hervortreten. Wenn die positivistische Kritik darauf werde:
dringt, daß derartige bildliche Nebenbestandteile einer Theorie nicht stätigı
irrtümlicherweise für reale Erkenntnisobjekte ausgegeben werden, so trifft,
muß ihr das als Verdienst angerechnet werden. Sie hat in der Tat a )
durch solche Kritik mehrfach der Entwicklung der Wissenschaft einen Schein
wesentlichen Dienst erwiesen, wie wir insonderheit bei der Lichttheorie komm!
sehen werden. Denn sie zwingt dadurch die Wissenschaft, sich auf das zu DE
zu besinnen, was eigentlich das Wesentliche an der betreffenden Hypo- Aueh
these ist, und bewahrt sie so vor der sonst immer drohenden Gefahr, BRGSE
daß man in jenen bildmäßigen Bestandteilen Probleme sieht, die in (360m
Wirklichkeit gar nicht zur Sache gehören. Dies trifft auch auf die Hieser
Atomistik in dem Betracht zu, daß man ihr, wie schon oben erwähnt Sensch
wurde, oft ohne Not die spezielle Vorstellung untergelegt hat, es müsse SS
sich um einzelne „Korpuskeln‘“ handeln, die durch leere Zwischen- eher
räume voneinander getrennt sind. In Wahrheit kann die allein wesent- Von
liche Voraussetzung einer „körnigen Struktur““ der Materie sehr wohl der alt
auch bei einer grundsätzlichen Kontinuitätsvorstellung bestehen, nur en
ist jene Vorstellung der getrennten Korpuskeln einfacher und liegt SS
dem naiven Denken ein wenig näher als etwa eine Wellentheorie oder N
dergleichen. Wenn wir also in dieser Hinsicht ein wirkliches Verdienst En
der Kritik gern anerkennen, so wollen wir darüber doch nicht vergessen, a
daß dieselbe, wie die Geschichte gezeigt hat, mit dieser Tendenz immer- Sn rn
fort in Gefahr gerät, ihrerseits Probleme völlig wegzudekretieren, die Sa