Full text: Lehrbuch der Photographie

206 Lichtstärke und Gesichtsfeld, 
erste Linse wie eine Hinterblende, sie erzeugt die Verzeichnung U 
(Fig. 34); in Bezug auf die zweite Linse wirkt sie dagegen wie 
eine Vorderblende, sie erzeugt dann die Verzeichnung B.. Da beide 
Verzeichnungen entgegengesetzt sind, so heben sie sich gegenseitig 
auf, und das Resultat ist ein correctes Bild. 
Solche Doppelobjective mit Centralblenden sind z. B. die 
Kugelobjective, Pantoskope und die neuen Steinheil’schen A planate. 
Die Portraitlinsen von Petzval sind ähnlich construirt, da aber die 
beiden Linsen sehr ungleich sind, so bleibt noch eine merkliche Ver- 
zeichnung übrig. In Dallmeyers und Busch neueren Constructionen 
ist dieselbe beseitigt. 
Neben der hier beschriebenen optischen Verzeichnung existirt 
auch noch eine perspectivische Verzeichnung, die sich auch 
bei solchen Linsen einstellt, welche frei von optischer Verzeichnung 
sind. Stellt man z. B. eine Camera mit Steinheils Aplanat schief 
nach oben gerichtet einem Gebäude gegenüber, so bemerkt man, dass 
alle senkrechten Linien nach oben zusammenlaufen. Richtet man 
den Apparat nach unten, so convergiren die senkrechten Linien 
nach unten. Diese perspectivische Verzeichnung tritt nur ein, wenn 
der Apparat nicht senkrecht steht. Andere perspectivische Verzeich- 
nungen, die im Portraitfach etc. auftreten, werden wir im ästhetischen 
Theil unseres Buches erörtern. 
Ueber Lichtstärke, Gesichtsfeld und Tiefe der Linsen. 
Unter der Lichtstärke einer Linse versteht man ihre Fähigkeit, 
ein mehr oder weniger helles Bild zu liefern. Diese Fähigkeit hängt 
ab 1) von dem Flächeninhalt der Linse, 2) von ihrer 
Brennweite, 3) von dem Verlust durch Reflexion und 
Absorption, welche das Licht beim Durchgange durch 
die Glasmasse erleidet. 
Je grösser die Fläche einer Linse ist, desto grösser ist die 
Quantität der Lichtstrahlen, welche sie aufzunehmen vermag. Nun 
steht der Flächeninhalt im Verhältniss des Quadrats des Durchmessers, 
oder wie man sagt, der Oeffnung. Demnach werden sich die 
Tichtstärken zweier Linsen unter sonst gleichen Um- 
ständen verhalten, wie die Quadrate ihrer Oeffnung. 
Sind die Brennweiten der Linsen verschieden, so liefern sie 
von einem und demselben Gegenstande ein verschieden grosses Bild. 
Liefert z. B. eine Linse von 6” Brennweite: von irgend ‚einem Gegen- 
stande, z. B. einem Menschen, eine Figur von 3’ Höhe, so liefert 
bei derselben Entfernung eine Linse von 12” Brennweite eine 
Figur von 6” Höhe. Die Lichtmenge, welche von demselben 
Gegenstande unter denselben Umständen auf beide Linsen fällt, ist 
offenbar dieselbe, falls ihre Oeffnung dieselbe ist. Je grösser aber 
das Bild desselben Gegenstandes ist, über eine desto grössere Fläche 
wird dieselbe Lichtmenge zerstreut. Wird dieselbe Lichtquantität 
einmal über eine Fläche von 2 Quadratzoll, ein arndermal über eine
	        
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