306 Entwicklung.
nommen wird, gleichmässig über die ganze Platte aufzugiessen; sie
erhalten daher an den Stellen, wo die Entwicklerwelle stagnirt,
blässere, deutlich abgegrenzte Partieen, die Entwickelungsstreifen, die
durch nachträgliches Uebergiessen mit dem Entwickler nicht vertilgt
werden können. Wichtig ist der richtige Alkoholgehalt des Ent-
wicklers (s. o. p. 286). Stösst die Collodiumschicht den Entwickler
zu stark ab, so ist der Alkoholgehalt desselben bei alten Bädern,
zu vermehren, bei frischen. zu vermindern.
Man vermeide das zu heftige Aufschlagen des Entwicklers auf
die Collodiumhaut, weil es gewöhnlich einen heller bleibenden Schein
erzeugt. Durch das heftige Aufgiessen wird nämlich die Silberlösung
von den betreffenden Stellen fortgetrieben, ehe die Reduction be-
ginnt, und dadurch das bilderzeugende Material an den betreffenden
Stellen vermindert (siehe "Theorie der Entwickelung, p. 49). Auf-
giessen des Entwicklers ist daher eine Arbeit, die man vorher üben
muss. Meine Schüler nehmen hierzu eine einfache trockne Glas-
platte, die sie in der Entwicklungsmanier gleichmässig mit Wasser
zu bedecken suchen.
Ferner ist zu beachten, dass die obere Kante, auf welche man
die Platte giesst, den stärkeren Schlag des Entwicklers auszuhalten
hat und daher widerstandsfähig sein muss. Eben deshalb haben wir
empfohlen, beim Silbern die dickere Schicht der Platte, d. h. die
Ablaufseite nach oben zu stellen und sie in gleicher Lage in die
Üassette zu legen. Wird sie dann in derselben Lage herausgenommen,
so kommt sie, wenn man nach unserer Anweisung damit weiter
manipulirt, gleichsam von selbst in die richtige Position.
Nach. dem Aufgiessen des Entwicklers erscheint das Bild.
Kommt dieses sehr schnell zum Vorschein, so ist die Platte zu lange
belichtet (überexponirt), im entgegengesetzten Falle zu kurz (unter-
exponirt). Bei normaler Entwickelung erscheinen zuerst die hellsten
Stellen, dann die weniger hellen, zuletzt die dunklen des Originals;
bei einem. Portrait z. B. zuerst die weisse Wäsche, dann das Ge-
sicht, die Hände, die helle Weste oder Hose, die halbhellen Möbel,
Decorationen, endlich der dunkle Rock. Man verfolgt dieses Er-
scheinen des Bildes aufmerksam, indem man den. Entwickler nach
allen Richtungen hinfliessen lässt, auch zeitweise frischen nachgiesst,
und achtet darauf, ob alle Details in den dunklen Theilen (Rock-
falten und Stoffmuster bei Portraits, oder schattiges Blattwerk bei
Landschaften) zum Vorschein kommen. (Natürlich muss man die
Details des Originals genau kennen, wenn man diesen Punkt richtig
beurtheilen will.) Sind trotz langen Entwickelns die gewünschten
Details in den dunklen "Theilen nicht zum Vorschein gekommen,
so ist die Platte zu kurz belichtet. Die Uebergänge von Licht in
Schatten, die Halbtöne, sind bei einer zu kurz belichteten Platte
in der Regel zu unsanft, oder wie der Photograph sagt, hart.
Dieser Fehler wird durch keine der nachfolgenden Ope-
rationen verbessert.
Eine zu. lange belichtete Platte zeigt in der Regel viel Details
in den dunklen. Theilen, es fehlen aber die die Schönheit eines Bildes