Full text: Lehrbuch der Photographie

382 Der einfache Uebertragsprocess, 
untercopirte kühler entwickelt. Man ist im Stande, gewisse Partieen 
des Bildes beim Entwickeln noch besonders herauszuheben, indem 
man z. B. auf den Kopf oder die Hände eines Portraits einen war- 
men Wasserstrahl aus einem Theekessel vorsichtig giesst. Man kann 
dadurch treffliche künstlerische Effecte in dem Pigmentbilde hervor- 
bringen, wie sie in‘ dem Silberbilde nur durch Copir-Kunststücke 
möglich sind, Unkundige sind darauf aufmerksam zu machen, dass 
die Pigmentdrucke feucht leicht verletzbar sind und nicht, wie 
im Wasser liegende Albuminbilder, gerieben werden dürfen. 
Beim Entwickeln ist noch Folgendes zu beachten: Geht das 
Papier sehr rasch herunter und erscheint das Bild sehr blass, so ist 
es zu kurz belichtet; geht es schwer oder gar nicht herunter, so ist 
es zu lange belichtet, oder das Papier hat sich freiwillig zersetzt. 
Im letzten Fall ist das Bild verloren. Bei sehr feuchtem Wetter und 
nach langem Trocknen kommt Selbstzersetzung vor. Um zu prüfen, 
ob ein Stück ‚sensibilisirtes Papier noch unzersetzt ist, schneide man 
ein Stück im Dunkeln ab und werfe es in warmes Wasser. Geht 
die Schwärze leicht herunter, so ist das Papier noch brauchbar. 
Uebercopirte Bilder lassen sich durch heisseres Wasser oder im 
äussersten‘ Fall durch warme 3procentige Sodalösung noch heraus- 
bringen, jedoch nicht ohne Verlust der Halbtöne. 
‚CC. Das Gerben und Trocknen und Fertigmachen. Nach 
dem Entwickeln werden die Bilder in kaltem Wasser gespült, dann 
eine Viertelstunde lang in eine 4procentige Alaunlösung gelegt, um 
sie zu gerben, in kaltem Wasser abgespült und endlich getrocknet. 
Nachher können sie wie gewöhnliche Bilder zugeschnitten, aufgeklebt, 
retouchirt und gewalzt werden. Beim Aufkleben hüte ‚man sich, 
die feuchten Bilder zu reiben, sie sind feucht leichter verletzbar 
als Silberbilder. 
Dieser einfache Uebertragsprocess liefert nach gewöhnlichen Ne- 
gativen verkehrte Bilder, er ist deshalb streng genommen nur an- 
wendbar zunächst für verkehrte Negative. Gewöhnlich besitzt der 
Photograph solche nicht. Wir werden aber weiter unten sehen, dass 
die Herstellung der vortrefflichen Vergrösserungen mittelst des Pig- 
mentprocesses auf Herstellung eines verkehrten vergrösserten Ne- 
gativs hinausläuft, welches dann nach der einfachen Uebertragsmanier 
abgedruckt wird. 
Der einfache Uebertragsprocess auf Glas, Dieser Process dient 
zur Anfertigung von Transparenten und Fensterbildern und 
Bildern auf Milchglas. 
Veberträgt man auf undurchsichtiges Milchglas, so ist das 
Bild nur in verkehrter Stellung zu gebrauchen; überträgt man da- 
gegen auf durchsichtiges Glas, so hat auf diesem das Pigment- 
bild die richtige Stellung, wenn man es von hinten besiecht. 
Stereoskopen, Transparentbilder und Laterna magica-Bilder lassen 
sich demnach mit Hülfe dieses einfachen Uebertragsprocesses sofort 
in richtiger Stellung darstellen und man hat nur nöthig, das fertige 
Bild selbst durch eine aufgelegte matte Glastafel, oder durch Lack 
vor Verletzungen zu schützen, wie das ja auch bei den anderen
	        
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