Die Negativretouche.
man gern den Schatten vorstehender Backenknochen und stark über-
hängender Augenlider, um diese weniger hervortretend erscheinen zu
lassen. Manche Photographen thun des Guten hierin zu viel, ver-
nichten dadurch oft charakteristische Teile des Gesichts und machen
dieses durch Aufhebung aller charakteristischen Reliefs zu einer gleich-
gültigen Seifenblase.
Die Technik der Retouche ist eine so einfache, dass sich darüber
wenig sagen lässt. Es kommt alles auf die Handgeschicklichkeit und
auf das gesunde Urtheil an. Wer ganz ohne Kenntniss und Anleitung
an die Negativretouche gehen will, der suche sich ‚von einem ge-
schickten Photographen eine doppelte Visitenkartenplatte zu verschaffen,
von dem die eine Hälfte retouchirt ist, die andere nicht und versuche
sich nach dieser Vorlage an einem selbstaufgenommenen Negativ.
Gilt es grosse Flächen zu decken, so bedient man sich mit Vortheil
des Mattlacks*) von Schering in Berlin. Man überzieht damit
die Rückseite des Negativs und schabt alle die Stellen aus, die stärker
copiren und deck$ diejenigen mit Bleistift, die blässer bleiben sollen,
Will man eine noch stärkere Decke, so nimmt man das so-
genannte Pflanzenpapier, welches Zeichner zum Durchpausen
benutzen und klebt dieses glatt auf der Rückseite des Negativs auf,
schabt es aus oder deckt es mit Bleistift, je nach dem gewünschten
Effect, Zur Deckung zu dünner Stellen in Landschaften verwendet
Verfasser solches Papier mit grossem Vortheil.
Selbstverständlich kann man mit Hülfe der Negativretouche nicht
nur zu dicke oder zu dünne Stellen verändern, sondern auch neue
Details einzeichnen.
Kinige eingezeichnete Haare in unterexponirten Köpfen, die Er-
gänzung einer Armcontour, eines Musters oder einer Rockcontour,
welche für sich nicht „loskommt“, sind von sehr vortheilhafter
Wirkung.
Zur bequemen Ausführung der Negativretouche bedient man sich
eines sogenannten Retouchirpults (Fig. 1). Dasselbe enthält auf
*) Lea empfiehlt zur Herstellung eines Mattlack gewöhnlichen Negativlack
mit 1°%, Weinsäure zu versetzen. Der Schering’sche Lack ist anderer Natur.
Mr. H. J. Newton empfiehlt folgenden Mattlack:
Aether .. . 384 Theile,
Benzol: : . 162 >
Alkohol... 2480
Man lässt in dieser Mischung 2—5 Theile Sandarac auf je 96 Theile
Flüssigkeit auflösen. Man kann jeden beliebigen Grad der Feinheit erlangen;
je mehr Alkohol man zufügt, um so feiner ist das Korn und die transparente
Schicht. Benzol bringt den entgegengesetzten Effect hervor. Der Lack lässt
sich kalt anwenden und trocknet sehr rasch.