4 Die Positivprocesse.
der Portraits sind derart, dass sie selbst dem Publikum nicht unbe-
merkt bleiben.
Herrn Prümm’s Versuche ergaben, dass es das doppelt
albuminirte Papier (sogenanntes Brillantpapier) ist, welches diese Ver-
ziehungen in sehr auffallendem Grade zeigt. Es dehnt sich in der
Breitenrichtung des Bogens aus, wenn es im Wasser liegt und zwar
um 15—20 mm auf den Bogen, d. i. 3 bis 4 Procent der Breite. In
der Längenrichtung des Bogens erfolgt jedoch keine Ausdehnung.
Lässt man die Papiere trocknen, so ziehen sie sich wieder auf die
ursprüngliche Dimension zusammen.
Beim Aufkleben dehnt sich das Bild aber wieder aus und zwar
um so stärker, je länger es von der Eeuchtigkeit des Kleisters durch-
zogen bleibt. Streicht man trockene Bilder mit Kleister oder
noch besser mit Gelatine und klebt sie dann sofort auf,
so merkt man von der Ausdehnung wenig. Diese
Manier empfiehlt sich demnach, wenn es sich um sehr genaue Repro-
ductionen handelt. Lässt man aber die Bilder gestrichen längere
Zeit liegen, ehe man sie aufklebt, so tritt die Verziehung ein und ist
um so stärker, je länger sie vor dem Aufkleben liegen. Manche
Photographen pflegen nun ihre Bilder vor dem Aufkleben anzufeuchten;
alsdann wird die Verziehung noch stärker. Dass Herr Lindner sie
auch bei gewöhnlichem Albuminpapier in so hohem Grade bemerkte,
erklärt sich daraus, dass er seine Bilder (die schon vorher beschnitten
sind) nass, wie sie eben aus dem Waschwasser kommen, mit Kleister
streicht und aufklebt. Die Bilder haben alsdann bei dem stunden-
langen Liegen im Waschwasser den höchsten Grad ihrer Ausdehnung
erreicht und behalten diesen beim Aufkleben auf den trockenen Carton
auch nach dem Trocknen theilweise bei.
Wenn diese Verziehung aber auf der einen Seite als ein Fehler
gilt, so dürfte sie auf der anderen Seite auch Vortheile gewähren.
Es kommt nicht selten vor, dass eine sehr dicke Person etwas
schlanker aussehen möchte und eine gar zu schmale etwas voller.
Solchen Leuten kann geholfen werden! Wünscht man dicke Personen
schlanker zu machen, so copire man derart, dass die Längenrichtung
der Figur im Negativ parallel der Breitenrichtung des Bogens liegt,
auf welchen man das Bild copirt. Wünscht man die Figur dicker,
so lege man das Negativ so, dass die Längenrichtung der Figur mit
der Längenrichtung des Bogens übereinstimmt. In solchen Fällen
lasse man aber das Bild vor dem Aufkleben lange im Wasser
liegen, damit es genügend Zeit hat, sich auszudehnen und klebe es
dann nass wie es ist, sofort auf.
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