Full text: Die Elemente der Photographischen Optik (Ergänzungsband)

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deren Radius (wie ich später zeigen werde) im wesentlichen von dem 
angewandten Linsenmaterial abhängt. Um nun ein möglichst 
ebenes Bild zu erhalten, d. h. ein solches, in dem die kleinsten Aber- 
rationskreise schiefer Kegel sämmtlich in einer Ebene liegen, wenn 
das Object eben ist, muss man so viel übercompensirten (über- 
corrigirten) Astigmatismus dem Linsensystem geben, damit es (wie 
Petzval sich ausdrückt) mit Gewalt gerade gebogen wird! Da- 
durch sinkt aber sofort die Definition des Bildes von der Mitte des 
Feldes gegen den Rand des Bildes so erheblich, dass der Photo- 
graph die Hülfe der Blenden in Anspruch zu nehmen hat, was meist 
ein Armuthszeugniss für den Apparat ist (ausgenommen er wollte nur 
die Bildtiefe vermehren). Der Knoten, welcher zu lösen war, war 
der, ein von Astigmatismus gänzlich freies Bild zu liefern, das alle 
Öbjecte geometrisch richtig abbildet, d. h. dass das Bild einer Ebene 
auch eben darstellt. Wir werden also zur Lösung der Frage, ob der 
Astigmatismus mit Vortheil gänzlich herauszuschaffen ist, auf das 
Problem der Bildwölbung hingedrängt. Wie man ferner sieht, hat es 
wenig Vortheil, eine einzige der Anomalien völlig aufzuheben und 
die anderen ihrem Schicksal zu überlassen. Kann man nicht Alle 
heben, dann ist es am besten, eine solche Vertheilung der Fehler zu 
treffen, dass die rückständigen Aberrationen nicht gerade möglichst 
klein sind (also wie man solche etwa erhalten würde, wenn man die 
Gauss’sche Methode der kleinsten Quadrate anwenden würde), sondern 
vor Allem so, dass die unvermeidlichen Fehlerrester für die vor- 
liegenden Zwecke möglichst unschädlich werden! 
Dass es zuweilen nützlich sei, übercorrigirten Astigmatismus (zur 
geraden Streckung des Bildes) beizubehalten, hat bereits Airy in 
seiner Abhandlung 1829 erwähnt und sind in neuerer Zeit auch von 
einigen Optikern die Distancen der beiden Bestandlinsen symmetrischer 
Systeme innerhalb gewisser Grenzen beweglich gemacht worden (um 
je nach dem Willen des Photographen die Bildwölbung zu ändern), da- 
mit derselbe z. B. bei Gruppenaufnahmen ein scharfes, Astigmatismus 
freies Bild auf einer gewölbten Fläche erhalte, die der Aufstellung 
der Personen im Kreise entspricht. In diesem Specialfall würde so- 
gar ein solcher Aparat vollkommenere Bilder liefern, wie ein Apparat, 
der ebene Bilder von einem Objective darstellt! Man ersieht aus 
diesem einen Beispiel, dass die schärfste Befolgung der Regeln der 
geometrischen Optik nicht immer das vollendeste Resultat für die 
Praxis geben wird. Das Vorzüglichste ist jedenfalls, dass der prak- 
tische Photograph sich eingehende Kenntniss der Constructionsprinci- 
pien.der Linsensysteme aneignet und dann mit der für seine Special- 
zwecke vortheilhaftesten Anordnung seiner Apparate arbeitet! Ueber 
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