112 II. Kapitel.
Ramsden-Ocular die zweite Linse eine möglichst unvortheilhafte
Stellung in Bezug auf sphärische Aberration besitzt, damit die Com-
pensation vollständig wirkt. Es ist hier nicht der Raum, auf dieses
höchst interessante Thema ins Detail einzugehen, das eigentliche Wesen
der Sache wird aber wohl klar geworden sein!
Der Grund, weshalb von diesem höchst ingeniösen Princip wenig
Anwendung in der gewöhnlichen Photographie gemacht werden kann,
liegt in dem Umstand, dass im Allgemeinen der Photograph wünscht,
mit recht kleinen Linsen recht grosse Bilder zu erzeugen, und
dass er gleichzeitig eine möglichst gleichförmige Beleuchtung des Bild-
feldes verlangt. Eine Ausnahme hiervon pflegt das Portraitobjectiv
zu machen, das, um einen malerischen Effect hervorzubringen, das
Portrait scharf und die Umgebung, als nebensächlich, nur gleichsam
skizzirt zeichnen soll, so dass starkes Vignettiren nützlich ist. Dieses
obige Princip ist auch: bei dem Petzvalschen Portraitobjectiv mit an-
gewandt und wird noch dadurch unterstützt, dass die zweite Linse
stark übercorrigirt ist; welches einen Theil der fehlenden Distance
ersetzt. Man kann natürlich mit Vortheil, wo nicht die Nebenbe-
dingungen es verhindern, die Vorzüge zur Ebenung der Bilder, welche
die Jenenser Gläser darbieten, mit denen der Linsendistance vereinigen,
um auf diese Weise z. B. ein vorzügliches neues Portraitobjectiv her-
zustellen. Im Allgemeinen muss man jedoch Gen Schluss aus dem
bisher Vorgetragenen. ziehen, dass man bei der geringen Anzahl der
disponiblen Elemente, welche zur Erfüllung so vieler Bedingungen
ausreichen müssen, Vorsicht anwenden muss, um beim Aufstellen von
neuen Bedingungen (so vortheilhaft dieselben auch vielleicht vom
Standpunkt des Erwerbes aus auch erscheinen mögen) nicht das ganze
zu errechnende Product von vornherein zu verderben!