116 IV. Kapitel.
haben, besteht darin, dass es keineswegs gleichgültig, welche Di-
mension das abzubildende Linsensystem im Verhältniss zum abzubil-
denden Object hat. Diese Aberration zerfällt in zwei Theile, der
erste Theil derselben ist abhängig von der Dimension der äquivalenten
Brennweite, der zweite von der Dimension der Eintrittspupille.
Haben diese beiden Elemente dasselbe Grössenverhältniss (was
nur sehr selten stattfinden wird) zum abzubildenden Gegenstand wie
das menschliche Auge, dann ist auch die Abbildung getreu, zumal
wenn noch die P. A. erster, Art vermieden ist. Der Maler, welcher
einen Gegenstand künstlerisch darstellt, übt einfach. mit Hülfe seiner
durch lange Uebung geschärften Fähigkeit im Allgemeinen nicht etwa
etwas ganz Unmathematisches aus (wie wohl zuweilen behauptet
wird), sondern er bestrebt sich, das optische Bild seines Auges auf
eine Ebene so zu übertragen, dass es möglichst getreu der Wirklich-
keit entspricht, d. h. also auch möglichst frei von perspectivischen
Anomalien ist!
Um obige Bedingung zu erfüllen, sollte eigentlich das die Photo-
graphie betrachtende Auge dieselbe Distance von der Photographie
haben, welche der optische Mittelpunkt des Apparates von dem Ob-
ject hatte. Es wird sich dies wohl auch nur in den seltensten Fällen
ausführen lassen, wenn man nicht etwa eigens dazu construirte Linsen-
systeme zur Betrachtung der Photographien verwenden will. Auf
diesem Feld ist noch Viel zu thun übrig, ausser dem Stereoskop und
dem Anschütz’schen Apparat (nach Art der stroboskopischen Scheiben)
findet man höchstens schwache Lupen, welche meistens mehr unvor-
theilhaft als vortheilhaft wirken. Aus unserer Formel No. 19 kennen
wir den Zusammenhang zwischen der Object- und Bildweite, und aus-
gerechnete Tabellen dafür befinden sich in fast allen photographischen
Schriften, so dass wir an dieser Stelle wohl davon absehen können?
Aus dieser Formel geht nun hervor, dass die Bildweite, wenn das
Object sich der Aequivalentbrennweite nähert, unyerhältnissmässig
wächst. Da nun die Bildgrösse in directem Zusammenhang damit
steht, so folgt daraus, dass Gegenstände, welche sich der Aequivalent-
brennweite nähern, viel stärker vergrössert werden als weiter ent-
fernte. Bei Vergleichung zweier Apparate sollte also die Entfernung
des Objectes vom Linsensystem um so viel mal grösser sein, wie das
Aequivalent dieses Linsensystems grösser ist, wie dasjenige des
andern Systems!
Wendet man diesen Satz auf das menschliche Auge, an dessen
äquivalente Brennweiten nach Helmholtz 20,7 und 15,5 mm sind,
so wird man leicht sehen, dass sich im Atelier dieses Verhältniss in
den wenigsten Fällen yanz realisiren lässt. Bei sehr nahen Gegen-