VI. Kapitel.
Lichtstärke.
Soll irgend ein optischer Apparat alle Lichtstrahlen auffangen,
welche von einem leuchtenden Punkt nach allen Seiten ausgestrahlt
werden, so müsste dieser Apparat einen Oeffnungswinkel von 360° haben,
d. h. er müsste als Vollkugel den leuchtenden Punkt umgeben, um
alles Licht auffangen zu können, welches ausgestrahlt wird; alsdann
müsste er noch die Eigenschaft haben, alles dieses Licht wieder in
einen Bildpunkt zu vereinigen. Ganz nahezu verwirklicht ist dieses
Ideal meines Wissens bis jetzt nur in dem Beleuchtungsapparat des
Prof. Petzval, welchen ich anfänglich erwähnte, aber auch nur nahezu,
Als bilderzeugender Apparat ist derselbe natürlich nicht zu
gebrauchen. Alle unsere jetzigen photographischen Linsensysteme sind
indess ganz ausserordentlich weit von solch idealer Ausnutzung ent-
fernt. Ein einfaches Beispiel mag einigen Anhalt geben. Ich wähle
absichtlich keins der ungünstigen und bemerke zuvor, wenn man es
nicht mit selbstleuchtenden Körpern zu thun hat, dass man die Licht-
ausstrahlung eines opaken Körpers (zu denen ja die meisten Gegen-
stände der Photographie gehören) im Allgemeinen nur auf 180° Aus-
strahlung setzen kann. Es sei also irgend ein Gegenstand im Atelier
zu photographiren, welcher 10 Meter vom Linsensystem entfernt sei.
Die wirksame Oeffnung desselben sei 10 Centimeter im Diameter, so
fällt offenbar nur ein solcher Bruchtheil der Oberfläche einer Halb-
kugel von 10 Meter Radius als die Kreisfläche von 10 Centimeter
enthält, nutzbar auf das Linsensystem, dies aber ist nur = "89000
des gesammten ausgestrahlten Lichtes, unter der Voraussetzung, dass
die Ausstrahlung nach ‘allen Richtungen gleich stark ist. Ein Flächen-
element des Objectes würde also im Bilde nur mit */29900 dieses Lichtes
sichtbar sein, natürlich nur, wenn das Bild die gleiche Grösse des
Objectes hätte, die Linsenkraft = 1 wäre. Hier ist es nun, wo die
Linsenkraft sehr in Betracht kommt. Kürzt sich der Focus des
Systems um irgend einen Bruchtheil dieser Einheit ab, so ist klar,