Focustiefe, 149
einer Kegelspitze zur Erzeugung eines Bildpunktes überhaupt keine
Rede mehr sein; es sind dann fast immer unendlich viele hinter
einander liegende Kegelspitzen vorhanden, welche sich über die ganze
sphärische Längenaberration erstrecken. In neuester Zeit hat man sogar
den Fehler der Bildwölbung mit dem der Focustiefe (resp. der Tiefen-
aberration) zusammengewürfelt. Der Begriff der Focustiefe beruht ja
überhaupt nur auf dem Compromiss, wie viel Aberration man in dieser
Richtung gelten lassen will; d. h. wie viel Unschärfe man einer
bestimmten Photographie darin gestatten will; da ja das einen körper-
lichen Raum einnehmende Bild nur auf einer einzigen Bildebene fixirt
werden kann! Ist das Object unendlich weit vom Apparat entfernt,
so liegt das optische Bild desselben in einer Ebene. Focustiefe ist
also in diesem Falle nicht erforderlich. Je näher aber das Object
dem Apparat liegt, je ausgedehnter dasselbe in der Tiefendimension
ist, desto mehr Focustiefe ist erforderlich. Um nun die „Tiefen-
aberration“, wie ich diese Aberration nenne, auf das geringste Maass
einzuschränken, ist man genöthigt, die Lichtkegel so spitz wie möglich
zu machen. Diese Bedingung steht aber im Widerspruch mit der
Lichtstärke und schliesslich mit der Beugungsahberration ; wie wir früher
gesehen haben. Man hat daher versucht, ob man nicht anderweit
diese Aberration einschränken oder compensiren kann. KEinschränken
kann man diese Aberration auf dieselbe Weise wie es die Natur bei
den Augen der Geschöpfe gethan hat, indem man die absoluten
Dimensionen der Apparate zu einem Mimimum macht und nachträglich
das dann in einer Ebene liegende Bild vergrössert. Die Vortheile
und Nachtheile dieses Verfahrens setze ich als bekannt voraus. Ferner
kann man während der Aufnahme des Bildes, entweder das Linsen-
system oder die Platte in oscillirende Bewegung, innerhalb der Grenzen
der erforderlichen Bildtiefe, setzen; so dass nach einander jeder Theil
des räumlichen Bildes wenigstens zu wiederholten Malen zu scharfer
Einstellung gelangt. Auch dieser Weg ist versucht worden, jedoch
bis jetzt wenigstens ohne brauchbare Resultate zu liefern. Ferner
hat man auch versucht, Linsensysteme anzuwenden, welche (mit Hülfe
der sphärischen Aberration) eine unendliche Anzahl hintereinander-
liegender Bilder erzeugte, natürlich auf den Raum beschränkt, welchen
die Tiefendimension des Objecties erforderte. So weit mir bekannt,
war J. H. Dallmeyer der erste, der diesen Weg mit dieser Absicht
betrat (im Anfang der 60er Jahre), obschon, ohne bewusste Absicht,
die ersten Objective, welche Daguerre anwandte, diese Eigenschaft
bereits besassen. Man hatte diesen Weg indessen damals nicht mit
der Absicht betreten, um ein scharfes Bild in der Tiefen-
dimension zu erhalten, sondern um eine allgemeine sogenannte