Full text: Die Geschichte der Römischen und Florentinischen Schule enthaltend (2. Abtheilung, I, 1. Band)

366 Geschichte 
und ist vortrefflich für das Studium der Anatomie, aber “ 
der Charakter eines Engels ist nicht beobachtet “. E 
Nr. 3. Eine Gruppe von weiblichen Heiligen, in vs 
deren Gewühl das Auge sich verliert. - Sie dient der R 
Gruppe Nr. 5 zum Gegenstück , und beyde machen den . 
umgebenden Chor oder das Gefolge der in der Mitte / 
befindlichen aus. Aber mit wie wenig Würde! Eini- . 
ge darunter plaudern wie alte Frauen bey einer Tasse N 
Kassee: die übrigen nehmen gar keinen Antheil an der 7 
Hauptbegebenheit , dem furchtbaren Augenblicke des . 
allgemeinen Gerichts, ja sie scheinen kaum davon zu 4 
wissen. Die einzigen Figuren, welche auf gewisse . 
Weise handeln, sind ein junges Mädchen und ihre 3 
Mutter oder Schwester, in deren Arme sich jene vor ie 
Schrecken flüchtet. Allein wo ist der Adel , die An- | 
muth, welche man an der Gruppe der Niobe mit ih- iE 
rer Tochter bewundert ? . 
Nr. 5 hat denselben Fehler wie Nr. 3: es ist eine KS. 
Gruppe von Heiligen und Märtyrern, wovon keiner 
handelt, keiner an der großen Begebenheit Theil 
nimmt, oder nur auf ihren Schaäuplaß hinsieht. Uns |? 
ter diesem Haufen von Männern befindet sich die heili- lt 
ge Katharina in einer sehr leichtfertigen Stellung, und MN 
ein Heiliger , wo ich nicht irre, Skt. Blasius, scheint d! 
eine Schäkerey mit ihr treiben zu wollen. Zwwey im A! 
Mittelpunkte der Gruppe sißende Figuren sind außer? iW 
ordentlich schön , aber nach Michelangelo's Weise sind Pv 
die Muskeln in einer Spannung wie bey den heftigsten We 
Bewer ie 
-. Wenn Hr. von Namdohr in seinem Werke über die 
Kunstwerke in Rom T. 1, S« 181 sagt? “Oben in eie 
ner Glorie ist Gott der Vater, unter ihm der heilige 
Geist als Taube; " so ist dieß ein Irrthum, von diesen 
Personen ist nicht die geringste Spur zu sehen.
	        
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