372 I. Abtheil. Gesch. d. mechatt. Bereitungen.
Von jeher haben die Spinnerinnen den Faden,
den sie drehten, gemeiniglich mit ihrem Speichel bee
feuchtet. Es war leicht einzusehen, daß dieser "Vers
Grauch des Speichels für die Gesundheit nicht. vor?
theilhaft seyn konnte. Da nun aber doch der Speis
<hel dem Faden weit bessere Eigenschaften mittheilte,
als Wasser, so behielt der Gebrauch des Speichels
noch immer den Vorzug. -Man machte allerley Ver-
suche, um gute wohlseile Speichelsurrogate hervorzus-
bringen. Im Jahr 1794 schlug Jemand, der viele
Experimente darüber angestellt hatte , den Schleim
der gefochten Schwarzwurzel (Symphytum ofli-
cin.) vor, einer Pflanze , die man auf sumpfigen
Wiesen, an Gräben, Bächen, Wällen 2c. sehr häu-
fig antriFt 92). Cinige Spinneripnen machten wirk?
lich von diesem Schleime Anwendung, indem sie da-
von ein kleines Gefäß voll in bequemer Lage an das
Spinnrad befestigten. Täglich verbrauchte eine fleißige
Spinnerin gegen 8 bis 12 Loth von diesem Schleime.
Hieraus ließ fich leicht abnehmen , wie beträchtlich
der Verlust an Speichel seyn mußte, wenn man den-
selben zum Befeuchten anwendete. Aber demohns
geachtet scheint jene neue Befeuchtungsart bey det
Spinnerinnen eben keinen Cingang gefunden zu
haben.
CG... 118.
Zum Feinspinnen des Flachses muß das eine
Spinnrad natürlicher Weise immer geschickter seyn,
als das andere. Man muß erstaunen, wenn man
sieht, wie fein und zart manche Menchen das Garn spin-
nei
5 Aue Wittenberger Wochenblatt: auf das Jahr 1794«
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