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merksam mit einer Erscheinung, die als Zeichen der Zeit damals schon
in raschem Wachsen begriffen war. =- Dex Dilettant ist wohl vom
Autodidakten zu unterscheiden: dieser läßt sich ein gründliches Lernen
angelegen sein, aber Umstände oder Eigensinn halten ihn von praktischer
Anweisung durch einen Meister fernz. er bildet sich nah Mustern, da ihm
aber Niemand den Handgriff zeigt, so behält seine Leistung Zeitlebens
einen idiotischen Charakter, dem man ansicht, wie er mit Mühe und auf
langen Umwegen sich dasjenige angeeignet hat, worin die Sc<hule durch
verfürzte Methode und Rath der Kundigen - ihren Zögling zur Sicher-
heit führt.
2. Wir können ohne scheinbaren Widerspruch hier nicht yorwärts:
wir fordern Schule, damit ein Künstler werde, und brauchen doch den
Künstler, um die Schule zu schaffen. Dieser Widerspruch hebt sich nur,
wenn wir uns aus dem gewordenen Zustande in die dunkeln Anfänge
zurücversezen, wo geniale Persönlichkeiten aufeinander folgend die ge-
meine Technik ruckweise , wie wir es schon zu 5. 517 ausgedrückt haben,
in die beseelte ästhetische hoben: da haben wir freilich Künstler, welche
Schüler bilden, ohne selbst Schüler (nämlich Kunstshüler, denn in der
Scule des gewöhnlichen Handgriffs müssen sie irgendwie sich gebildet haben,)
gewesen zu sein, aber je weiter wir zurückgehen in dieser unbestimmbaren
Linie, desto mehr haben wir uns diese fortschreitenden Persönlichkeiten vor-
zustellen als sol<he, welche Künstler nur in dem Sinne waren, daß der
Anstoß, die Möglichkeit der Kunst yon ihnen ausgieng. So beseelt ein
Cimabue die zum Handwerk herabgesunkene byzantinische Malertechnik
mit höherem Ausdrus, er begründet eine Schule, aber näher betrachtet ist
dieß nur die Staffel für Giotto, und dessen Schule wieder für Fiesole,
Masaccio u. s, w.z aber bei ungleich geringerem Erbe, als selbst Cimabue,
haben einst große Talente mit Anstreichen begonnen und mit ven Anfängen
der Malerkunst geendigt. Gehen wir nun von solchen Anfängen vorwärts
bis zu entwickelten Zuständen und nehmen die Lage der Dinge je wie sie
besteht, wenn eben ein Genie, ein schöpferischer Künstlergeist entscheidende
Wirkungen verbreitet hat, so wird die Sache einfach und es ist gleichgültig,
welchen Punct wir ins Auge faßen, denn wir haben überall Meister, die
Schüler gewesen sind, und dasselbe Verhältniß kehrt immer wieder: der
geniale Meister schafft eine neubeseelte Technik, Seine Wirkungen bestehen
in Regeln, die sich aber nicht formuliren lassenz sie sind keine bloße
Stimmung, Weise zu schauen, sie sind vieimehr ganz bestimmt und consti-
tuixen eine feste Technik, sie geben dem überlieferten Inbegriff der Ver-
fahrungsweise, welcher selbst shon der Niederschlag früherer genialer
Entwicklungen ist, nicht nur neuen Geist, sondern auch einen neuen Leib
mit festem Knochengerüste, aber sie lassen sich nicht in Buchstaben fassen,
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