Full text: Die Kunst überhaupt und ihre Theilung in Künste (3. Theil, 1. Abschnitt)

20 
verfannte. Im“ ächten Kunsiwerk ist all dieß Umgebende, Mitwirkende 
als ein die Stimmung und Situation des Ganzen wesentlich Mitbedingendes 
und Vollendendes- durch einen und denselben Act mit dem Subjecte 
des Ganzen empfangen und entworfen; die Skizze und Ausführung ändert 
daran , aber ebensogut au) an jenem Subjecte. Menschliche Figuren 
und ihre Umgebung von Landschaft, Gebäuden, Geräthen, Thieren, 
Landschaft und ihre thierische oder menschliche Staffage, Thierstü> und 
die umgebende Landschaft müßen zusammencomponirt seyn, so daß man 
sich das Einzelne nicht anders oder wegdenken kann, ohne sich das Ganze 
anders zu denken. Ein anderer Künstler hätte vielleicht dieß Mitwirkende 
anders gemacht, aber dann auch die Hauptfiguren: in dieser Coyception 
gehört es so zusammen. Der fehlerhafte Begriff war 'aber nur der 
Ansdruck einer fehlerhaften Praxis und diese- war ein Ausfluß davon, 
daß si< die Kunstzweige noch nicht klar geschieden hatten: der Begriff 
des Beiwerks stammt aus der Zeit, wo man in religiösen oder überhaupt 
ernsten Gemälden spielende Hunde (man denke u. A. an die obligaten 
Katzen und Möpse des einst berühmten Kupferstehers Ramberg), in 
Landschaften historische oder mythische Scenen anbrachte und wo häufig 
der Landschaftsmaler sich die thieris<e oder menschliche Staffage, oder der 
Thiermaler die Landschaft von einem andern in sein Werk hineinmalen 
ließ. Bei einer solhen Praxis konnte weder in die Bedeutung dieser mit- 
wirkenden Theile, no< in das Maaß derselben, wie es sich in verschiedenen 
Kunst- Zweigen durch die Natur der Sache bestimmt, eine Einsicht sicß 
ausbilden. Schon in dem Ausdruk Beiwerk liegt die Meinung ausgesprochen, 
daß es sich von einer Zugabe handle, die von außen nachträglich angeklebt 
werde. Das Aeußerlihe, was auc<h wir durc< unsere Bezeichnung: 
aceidentiell ausdrüen, liegt aber nicht darin, daß der Künstler hier 
willführlich verfahren dürfte und nachträglich nach Laune aufseßen, sondern 
es liegt in der Bedeutung des blos Umhüllenden oder Anhängenden im 
Verhältniß zum Hauptsubjecte, was aber je in einem gegebenen Ganzen 
immer zu diesem stimmen, mit ihm in Eins aufgehen soll. Es 
ist nicht gleichgiltig , ob in dieser Landschaft nur ein einsamer Reiher oder 
Fuchs, in jener eine Gruppe wandernder, lagernder, hadender „Menschen 
als Staffage auftritt, nicht gleichgiltig , ob diese leer von menschlichen 
Wohnungen, jene mit wohnlicher oder verfallener Architectur ausgestattet 
ist, ob in diesem Genrebild vieles und gerade solches Geräth, Hausthier, 
in jenem historischen Bild nichts oder wenig der Art und eben nur sol<es 
mitwirkt. Kurz? das Maaß des sog. Beiwerks bestimmt sich durch die 
Idee selbst, welche dem Ganzen seine Einheit gibt, das hier aufgeführte 
Compositionsgeseß ist also nur ein Ausfluß des obersten 8. 495, Es ließe 
sich 'von einer solchen Maaßbestimmung gar nicht reden, wenn diese Theile
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.