Full text: Die Kunst überhaupt und ihre Theilung in Künste (3. Theil, 1. Abschnitt)

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unbestimmte Menge von Individuen derselben Art hinausweist. Im Reineke 
Voß gibt es eigentlih nur Einen Löwen, Hasen, Fuchs u. s, w. mit ihrer 
respectiven engeren Familiez dennoch treten auch die Veiter und Basen auf 
und es stört die Jilusion nicht, daß neben dem Einen Exemplar sich auch die 
Menge zeigt, die es repräsentirt. So ist im Landschaftgemälde durch 
verschwindende Fernen, Berge, Ebenen, Baummassen angedeutet, daß der 
Ramen nicht wirklich die unendliche Welt einschließt, in der Musik ist 
jeder Ton Glied einer unendlichen Kette, die über das vorliegende Kunst- 
werk hinausliegt und das Finale scheint oft zu zweifeln, wo in der 
angeschlagenen Tonfolge es Halt machen wolle, im Drama sind am Ende 
des Gewebes die Fäden sichtbar, die auf den in ver Wirklichkeit fortlau- 
fenden Fluß der Geschichte hinausweisenz die bekannte Frage über die 
Unbestimmtheit des Abschlusses im Epos wollen wir hier nicht beiziehen, 
weil sie in der That zu speziell ist. Dieser an den Grenzen des Gewebes 
sichtbare Zettel ist die an sich unschädliche Reminiscenz an die Wirklich- 
feit als einen unendlichen Fluß (8. 10 und 11). Unschädlich: denn daß in 
diesem endlosen Verlauf die Idee anseinandergezogen ist in jene Breite, 
wo das Schönste nicht wahrhaft schön, sondern mit dem störend Häßlichen 
vermischt, daß daher ein wirklich schöner Ausschnitt aus diesem äußerlich 
Unendlichen eine Täuschung ist, das vergißt der Zuschauer über der Macht 
der Behandlung, welche auch die äußersten, an der sinnlihen Grenze des 
Kunstwerts liegenden Theile zusammenfaßt in die Licht- Farben- Linien- 
Ton- Handlungs - Einheit des Ganzen. Ein gutes Porträt z. B. zeigt 
ein Individuum in seinem wahren Seinz doch fehlen die Einzelnheiten 
nicht, die uns gestehen, daß in der Wirklichkeit dieses Individuums ein 
sol<er absoluter Moment, wo es ganz ist, was es ist, nicht gegeben ist, 
daß es hiezu jener Zusammenziehung (8, 53) bedurftez zudem ist es ja 
unserem. Bewußtsein ganz gegenwärtig, daß außer dem Bilde das wirk- 
liche Individuum mitten in den unendlichen Abhängigkeiten der unerbitt- 
lihen Realität lebt oder lebte3 allein der Genius seines Lebens, sein 
leuchtendes Urbild, yom Künstler geschaffen, steht zwis<en uns und ihm und 
hält es gleichsam mit bergendem, rettendem Arm umfaßt, resorbirt gleich- : 
sam in jedem Momente das so eben auftauchende Bild seiner gemeinen | 
Wirklichkeit. Daher tragen wir auc< nach beendigter Ansc<auung des 1 
Kunstwerks seine. erlösende Kraft hinein in das von ihm erfaßte Gebiet R 
des Lebens, wenn wir, von jenem noc< durc<drungen, es betreten: wir : 
kennen seine Mängel, aber der verklärende geistige Schleier liegt noch l 
frisch darüber. Im ersten Schritte zur Ausführung nun aber, in der , 
Skizze, wird es sich finden, daß das innere Bild, obzleich einerseits noch 
zu dünn. und idealistisch, andererseits an seinen Rändern hin zu viel 
Breite des Stoffes hat, um sie in die geistige Einheit so zu befassen, daß
	        
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