Full text: Die Kunst überhaupt und ihre Theilung in Künste (3. Theil, 1. Abschnitt)

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und auf den ersten Blik sehr Bedenkliches in die Vorarbeiten des Künst- 
lers ein. Zu 8. 379 (B. 11, S, 303) ist gesagt? „so sehr ist das Nicht- 
gewolltseyn Wesen des Naturschönen, daß nichts widerlicher ist, als wenn 
in seiner Sphäre eine Absicht auf das Schöne als solc<hes sichtbar ist.“ 
Schon dort ist aber dieß auch auf die Nachahmung * ves Gegenstands 
durch die Kunst übergetragen und zum voraus gefordert worden, daß 
derselbe in ihrer Darstellung den Ausdru> der Unabsichtlichkeit haben 
müße, weil sonst alle ästhetische Wirkung verloren gehe. Nun aber wird 
eine Person bestellt, um sich vor dem Künstler sehen zu lassen und aus- 
zuhalten, während er sie beobachtet und zugleich abbildet; diese Situation 
gibt ihrer ganzen Erscheinung den Ausdru> des Wissens um das Dar- 
gestelltwerden, und dieser Ausdruck ist zunächst ein Ausdru> des Gespannt- 
seins, dann der Eitelkeit, endlich aber, da die Sache langweilig und an- 
strengend wird, der Ausdruc>k des Abgespanntseins, der Todtheit. Wir 
führen zunächst das Porträtsizen an , wiewohl es streng genommen nicht 
in diesen Zusammenhang gehört, denn da gilt es, eben diese Person 
abzubilden, zwar so, daß aus ihrer empirischen Erscheinung das Urbild 
ihres Wesens ausgeschieden wird , doch nicht, um eine Ideal-Person hin- 
zustellen, die zugleich individuell und zugleich Repräsentant einer ganzen 
Sphäre sein soll, wie im freien Kunstwerk, sondern die Grundlage bleibt 
immer, daß dieser Einzelne als sol<er kenntlich dargestellt werde; auch 
wird mit dem Sikenden kein Act vorgenommen, so daß er eine bestimmte 
Bewegung, einen besondern ausdrucksvollen Moment, Leidenschaft u. s. w. 
nachzuahmen hätte, daher ist weniger Anlaß zum Ausdru der Eitelkeit, 
und doch sieht man so vielen Bildnissen zugleich mit der abgespannten 
Gespanntheit auh an, daß der Sitzende ein Gesiht gemacht hat. 
Man verkangt daher vom Porträtmaler, daß er seine Beobachtung wäh- 
rend des Sitzens durch eine sonstige wiederholte Belaushung und durch 
die aus ihr entwickelte geniale Intuition des rein ausdrucksvollen Urbilds 
der Person ergänze. Wenden wir nun dieß auf das Modell und den 
Act an, wobei wir yon Modellstudien' zum Behuse der allgemeinen Ue- 
bung, abgesehen von der Benützung des einzelnen Modells für ein beson“ 
deres Kunstwerk, abstrahiren, weil dieß noch nicht in unsern Zusammen- 
hang gehört. Zunächst sollte man meinen, das Modell gebe für den 
Zwe des Kunstwerks, das im Individuellen ja immer. ein Allgemeines 
darstellt, zu sehr blos individuelle (beschränkt porträtartige) Züge. Es 
giebt allerdings Kunsiwerke, denen man in diesem Sinne das Modell an- 
sichtz 3. B. RNiedels Medea, Judith, Safkontala geben zu erkennen , daß 
hier ein sinnvoller höherer Genremaler, aber nicht Historienmaler ein 
weibliches Modell gefunden, das ihm passend schien, mit einem jener 
historischen Namen getauft und so dargestellt zu werden 3 ein interessanter
	        
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