Full text: Die Malerei (3. Theil, 2. Abschnitt, 3. Heft)

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lichen Lebens sogleich das Ganze seiner Erscheinung von der Kunst darge- 
stellt werde? Es mußte der Eintritt der Malerei noc<4 abgehalten und 
gezeigt werden, warum jener erste Schritt nothwendig no< auf architek- 
turartige Isolirung einer Seite der Erscheinung des nun ergriffenen Stoffes 
sich beschränfen müsse. Es war eine freie Beschränkung; die Bildnerkunst 
steht als reine, ganze , selbständige Kunst im vollsten Sinn auf eigenen 
Füßen, und doh wies sie durchaus vorwärts na<h ihrer farbenreichen 
Schwester, der sie die Früchte einer erfüllten Vorbedingung entgegenträgt, 
überall war ein Drang sichtbar, ihre Mängel zu überwinden: in ganz be- 
rechtigter Weise trat er hervor in der bloßen Andeutung der Farbe, in 
gewissen malerischen Hülfen der Licht- und Sc<attenwirkung (8. 608), im 
richtig behandelten Reliefz verfrüht und unberechtigt in der vollen Poly- 
<hromie, im malerisch gehaltenen Relief, in einem plastisch unzulässigen 
Maaße des Naturalismus und Jndividualismus, in allzu affectvoller Be- 
wegtheit,. Ihre ursprüngliche Vorübung aber hat die Malerei wie alle 
Kunst im Spiele, und zwar natürlich in demselben Gebiete verschönern- 
den Shmucks wie die Sculptur, nur einem andern Zweige, Zwei For- 
men sind es ohne Zweifel gewesen , worin diese Kunst im Keime auftrat: 
die eine bestehend in einem Flechten, Abnähen, Weben, Wirken, das von 
solchen unorganisch, geometrisch verfahrenden , arabeskenartigen Motiven, 
wie sie dann als Ornament auch an die Baukunst übergiengen (vergl. zu 8, 573 
S. 247) , allmählich zu schüchternen Versuchen der Nachbildung des Or- 
ganischen fortschritt; Es ist dieß überhaupt eine der frühesten Aeußerun- 
gen des menschlichen Kunsttriebs, die wir noch heute bei allen wilden Völ- 
fern finden; die Muster sind bunt, vereinigen das Chromis<he und Gra- 
phische. Dagegen begann nun das graphishe Element für sich mit einer 
andern Form: dem spielenden Einriten von Zeichnungen auf weiche Stoffe 
(Blätter, Wachs, Holz,) das sih nac< gewonnener Uebung auch an harte 
Flächen wagte, wie wir dieß in jenem Verfahren finden, das den eigent- 
lichen Koilanaglyphen (reliefs en creux) in Aegypten vorausgieng (vergl. 
S. 611 Anm.), eine Technik, die aber auch in Griechenland sicher ursprüng- 
lich bestand und bekanntlich bis in die späteste Zeit als Skizzenzeichnung, 
in Marmorplättchen eingegraben (Monogrammen), sich erhalten hat. Die 
Farbe trat sodann wieder hinzu: man füllte die Umrisse zunächst mit ein- 
fachen Farben aus und hatte so Monochrome auf Stein; in Aegypten 
gieng man von da wieder zur Sculptur zurü>, indem man die Formen 
innerhalb der Umrisse plastisc< heraushob. Von diesen Anfängen der 
Malerei als selbständiger Kunst ist das Anmalen der gegebenen Architektur 
und Sculptur zu unterscheiden, aber auc< ausdrücli< no< einmal anzu- 
führen als Vorübung in der Farbe, die mit der graphischen Vorübung erst 
fich vereinigen sollte,
	        
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