Ganzes das ist, wovon es sich handeltz da ich nicht Stein, nicht Erz mehr
habe, als dessen Grenze ich die Linie, dieß nur ideale Formwesen , ent-
stehen lassen kann, so muß ich diese mit dem Griffel zeichnen, Die Linie
ist nun für“ sich da, sichtbar für sich allein, sie will aber dem Anschauen-
den nur sagen, er müsse sich einen Körper vorstellen, der auf allen den
Puncten, welche der Strich angibt, aufhört. Durch diese Bedeutung des
bloßen Umrisses ist es also Ernst geworden mit dem reinen Schein,
es ist förmlich gestanden, was die Plastik eigentlich wollte, man kann
keinen Augenbli mehr meinen, es gelte ästhetisch die Masse, nicht viel-
mehr nur ihre Grenze als reinster Ausdruk der Kräfte, die, in ihr wirk-
sam, den Körper auf allen Seiten eben bis zu dieser Grenze gebildet ha-
ben, denn diesen Ausdruc> erzeuge ich am reinsten dann, wenn ich das Bild
dieser Kräfte yon aller wirklichen Masse befreie und nur einen Anhalt
gebe, damit der Zuschauer sie sich vorstelle. Dex Umriß ist daher gerade
der idealste Theil der Malerei, eben nämlich, weil er die Vorstellung der
Gestalt, deren Grenze er bezeichnet, ganz in das Innere, die Phantasie
ves Anschauenden wirft: nur no< ein Schritt weiter, die Nachhülfe des
Umrisses, ven der Künstler an eine Fläche heftet, weggelassen, statt dessen
blos das Wort als Anhalt gegeben: und der Künstler malt unmittelbar
in den Geist des -- nicht mehr Ansc<hauenden, sondern Hörenden, == wir
sind in der Poesie, Wir werden bei der bestimmteren Erörterung dex ein-
zelnen Momente darauf zurückkommen. Allein die Malerei besinnt sich,
daß sie eine selbständige, ganze Form der bildenden Kunst sein will, nicht
ein schattenhafter Ansaß, der rasch in eine andere Kunstweise einlenkt.
Ihrem Wege gegenüber ist die Erscheinung des Umrisses als eines für
sich Sichtbaren noh eine Unvollkommenheit, ein Schritt zum reinen Schein,
aber zunächst noch falscher Schein, der Schein, als wäre das schöne Nichts
der reinen Grenze ein Etwas. Wenn die Malerei in ihrer Kindheit bei
di>en Umrissen beharrt, die sie nur dürftig mit Farbe ausfüllt, so ist. dieß
halb grobsinnlich, halb übergeistig : jenes, weil das rein Negative der Ge-
staltumschwebenden Grenze als ein so grell Augenfälliges sich behauptetz
dieses, weil das Grelle des Umrisses und das Dürstige seiner Ausfüllung
doh um so ausdrüclicher nur eine Nothhülfe ist für eine sehr frische
Phantasie , welche äußerst rasch , verglichen mit der ganzen Aufgabe der
Malerei allzurasc< vom Sichtbaren befriedigt in der Weise der Poesie
sich innerlich das vom Künstler beabsichtigte Bild erzeugt. Die Malerei
will ja das Sichtbare im vollen Umfange seiner Erscheinung selbst nach-
bilden. Auf ihrem wahren und eigenen Weg muß sie also den falschen
Schein, als wäre der Umriß Etwas, wieder aufheben, ihn zu einer Bor-
arbeit herabseßen, die verschwindet, wenn sie das Ihrige geleistet hat, Zu-
nächst gilt es, dem Lichte den Act seiner Aufzeigung der wirklihen Form,
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