896 Schulgeld.
7. Schulgeldbefreiungen an höheren Lehranſtalten und gewerblichen
Unterrichtsanſtalten. a) Verfügung des Miniſters der geiſtl. 2c. Angel. vom
13. Mat 1887 3. DEFB2.U. BE; 506)
„Mit Bezug auf... . bemerfe ich, daß nach den mit dem Herrn Finanz Miniiter
vereinbarten Grundfägen die Lehrerföhne binjichtlich der Befreiung vom Schulgelde
genau ebenſo zu behandeln ſind, wie andere Schüler. Demgemäß iſt die Bewilligung
von Schulgeldbefreiungen an Lehrerſöhne, ſofern nicht ein beſonderer Rechtsanſpruch
auf dieſe Befreiung beſteht, auf diejenigen Fälle zu beſchränken, in denen die Bedürſtig-
feit und Würdigkeit des betr. Schülers nachgewieſen iſt, und ſind die hierna<h vom Schul-
gelde befreiten Lehrerſöhne in den üblichen und reichlich bemejjenen Prozentſatz der
Freiſler von Sehn von Hundert ntieinzurechnen." »- 2. 2. 2a. 2... 8
b) Verf. des Min. für Handel u. Gewerbe vom 3. Oktober 1899 — E 3472 —
M Bo BS 181).
„Aus Anlaß von Anträgen von Lehrern an gewerblichen Unterrichtsanſtalten auf
Befreiung vom Schulgelde für ihre Söhne mache ih darauf aufmerkſam, daß den
Lehrern in Uebereinſtimmung mit der für die allgemeinen Unterrichtsanſtalten erfolgten
Regelung ein Anſpruch auf Befreiung vom Schulgelde für ihre Söhne nicht zugebilligt
werden kann. Vielmehr ſind die Lehrerſbhne hinſichtlich der Schulgeldbefreiung genau
ebenſo zu behandeln wie andere Schüler. Das Schulgeld iſt alſo nur im Falle der
Bedürſtigkeit und Würdigkeit zu erlaſſen. Sofern im Anſtaltsetat ein beſtimmter
Prozentſaß von Freiſchülern vorgeſehen iſt, ſind die hierna<h vom Schulgeld zu be-
freienden Lehrerſöhne in dieſen miteinzurechnen.“
c) Weitere Beſtimmungen über die Befreiung vom Schulgelde ſind z. B. für die
Königl. Fachſchulen der Handels- u. Gewerbe-Verwaltung in folgender Weiſe getroffen:
1) Der für Freiſchüler im Anſtaltsetat vorgeſehene Betrag (zurzeit 100/0 der Schul-
geldeinnahme) darf niemals überſchritten werdeu.
2) Ueber jeden Antrag iſt der Direktor, und wenn ein Kuratorium vorhanden iſt,
auch dieſes gutachtlich zu hören.
3) Das Schulgeld iſt entweder ganz oder zur Hälfte zu erlaſſen.
4) Die Beſtimmung iſt nur auf ein Schulhalbjahr und mit dem ausdrüdlichen Vorbehalt
des Widerrufs für den Fall des Unfleißes oder jchlechten Betragens zu gewähren.
5) Vom Schulgeld dürfen nur ſolche Schüler befreit werden, die bedürftig und
würdig ſind und die mindeſtens zwei Bauſommer praktiſch gearbeitet haten.
6) Das Schulgeld iſt in der Regel nicht zu erlaſſen:
a) wenn der Anſtaltsdireftor widerſpricht,
b) Schülern der vierten Klaſſe, da über deren Fleiß und Befähigung genügende
Erfahrungen gewöhnlich nicht vorliegen werden,
c) für das Sommerhalbjahr ſolchen Schülern, die noh niht drei Bauſommer
praftifch gearbeitet haben.
7) Sit einem Schüler das Schulgeld einmal erlaſſen worden, ſo iſt es ihm auf
Antrag auch ferner zu erlaſſen, wenn ſeine Vermögensverhältniſſe ſih nicht ge-
beſſert haben und ſonſtige Bedenken nicht obwalten.
8) Reichen die Mittel zur Berückſichtigung aller für begründet zu erachtenden
Anträge nicht aus, ſo ſind zunächſt diejenigen, die bisher ſhon Schulgeld freiheit
genoſſen haben, ferner die Angehörigen der Provinz und die Schüler der erſten
und zweiten Klaſſe zu berückſichtigen. Eine Bevorzugung der Bewohner des
Regierungsbezirks oder des Orts, in dem ſich die Anſtalt befindet, iſt nicht ſtatthaft.
9) Ueber alle Schulgeldbefreiungen iſt eine Liſte zu führen, in die der Name und Wohn-
ort des Schülers, der Beruf und Wohnort der Eltern, der Betrag des erlaſſenen
Schulgeldes und der Zeitraum aufzunehmen iſt, für den das Schulgeld erlaſſen iſt.“
(Vergl. den I. Verw. Ber. d. L. G. A. S. 187 u. d. Art. „Gewerbl. Fachſchulen“.
Anm.: «) Der Direktor einer Anstalt darf sich nicht selbst die Schulgeldbefreiung
gewähren, vielmehr hat die Provinzialschulaufsichtsbehörde darüber zu befinden.
Die Entscheidung über die Bedürftigkeit der betr. Lehrer ist dem Anstaltsdirektor zu
überlassen, von der Beibringung eines obrigkeitlichen Attestes seitens derselben ist abzusehen.
Ueber die Gesuche von Lehrern um Schulgeldbefreiung für ihre Söhne hat das Lehrer-
kollegium der Anstalt zu entscheiden, wobei selbstredend der betr. Lehrer, über dessen
Gesuch entschieden werden soll, von der Beschlußfassung auszuschließen ist und abtreten
muß. (Kult. Min. Erl. v. 3. Januar 1888 — UII 3079 — Z. Bl. d. U. V.S. 297.)
6) Die Vergünstigungen, welche bezüglich des Schulgeldes gewährt werden,
bestehen entweder in völliger Befreiung von demselben oder in dem Nachlasse eines Bruch-
teils. Das Maß für die Befreiungen pp. ist für die vom Staate abhängigen höheren Lehr-
anstalten in der Regel auf 100/o des Sollaufkommens festgestellt d. h. auf 100/o derjenigen
Summe, die aufkommen müßte, wenn alle Schüler mit den eingeführten Sätzen herangezogen
..) Bergl. auch den Kult. Min. Erl. vom 24. Oktober 1899 (Z. Bl. f. d. U. 2. ©. 823). Im übrigen beſtimmt
$ 8 Abſ. 2 des Normaletats : „Den Lehrern ſteht ein Anſpruch auf Befreiung von Schulgeld für ihre Söhne nicht zu“.