1. Theil XIV. Abhandlung.
Einem Minderjährigen, welcher das 20. Lebensjahr zurückge- der
legt hat, kann das vormundschaftliche Gericht nach eingeholtem Gut- sol;
achten des Vormundes und allenfalls auch der nächsten Verwandcen stel
die Nachsicht des Alters verwilligen, und ihn volljährig er- mu
klären.
Wird einem Minderjährigen der Betrieb einer Handlung oder
eines Gewerbes von der Behörde verstattet, so wird er dadurc< we
zugleich für volljährig erklärt. wo
Die Erklärung der Volljährigkeit hat ganz gleiche rechtliche pol
Wirkung mit der wirklich erreichten Volljährigkeit. Bi
Allg. b.:G. D. - 8. 252.
Nach den bestehenden Geseßen dürfen Gewerbsverleihungen an
Minderjährige der Regel nach nicht, sondern nur als Ausnahme der
in ganz besonderen rücksichtswürdigen Fällen , doch se!bst da nur, vol
wenn der Minderjährige sonst alle zum Gewerbsbetriebe erforderlichen all,
Eigenschaften besißt , und keine würdigeren Competenten vorhanden mo
sind , Statt haben. stel
Hofkzlv. vom 22. Sept. 1868, 5. 1. al
Da nämlich der Fall eintreten kann, daß ein Minderjähriger
zwar aile nach den Gewerbsverordnungen vorgeschriebenen Eigen- rig
schaften zur Erlangung eines Gewerbes besißen kann , ohne daß fäl
er deßhalb auch wegen seiner übrigen Eigenschaften mit Beruhigung nu
schon für wirklich volljährig zu erklären wäre, so ist sich streng an
den bisher beobachteten Grundsaß zu halten, daß der Regel nach
zu jeder Verleihung immer der vorläufige Ausweis der Großjährig- La'
keit oder die Beibringung der Nachsicht der abgängigen Jahre gefor» 18
dert wird. die
Nur in jenen seltenen Fällen kann eine Ausnahme Statt fin-
den, wo besonders empfehlende Gründe für einen Minderjährigen
sprechen , daß die VoRjährigkeitserklärung keinem Anstande unter- sen
worfen sey. Se
Rggsv. vom 4. Juni 1812. hal
Damit wurde zwar die Weisung erlassen, daß in der Re- su
gel zu einer Gewerbsverleihung immer die vorläufige Ausweisung jed
der Großjährigkeit oder die Beibringung der Nachsicht der abgän-
gigen Jahre gefordert werden soll. =- Eine Verleihung vor er-
langter Großjährigkeit kann dagegen nur in dem Falle außer- des
ordentlicher Vorzüge geschehen. Überdieß ist es die Pflicht daß
jeder Obrigkeit, bei Befugnißertheilungen auf die Fähigkeiten, übe
Kenntnisse, Moralität und sonstige Eigenschaften 235
des Bittwerbers zu sehen, wodurch sich von selbst der natürliche
Weg zur Rücksprache mit den Vormündern oder Vormundschaftsbe=
hörden darbiethet. Es beruht daher hier einzig auf dem zweckmä-
ßigen und vorsichtigen Benehmen und der richtigen Beurtheilung
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