Full text: Sache, Leben und Feinde

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sofort druckfertig dictirte und an den Sätzen, wie sie die unmittel- 
bare Niederschrift ergab, der Regel nach nichts wieder änderte. 
In letzterer Beziehung ging beispielsweise das Manuscript meines 
mechanischen Werks, so wie ich es meiner Frau aus dem Kopfe 
dictirt hatte, an die göttinger Facultät, und es war darin kein 
Wort ausgestrichen oder übergeschrieben. Solche sofortige Glätte 
war kein Ergebniss der Leichtigkeit, sondern beruhte auf Klarheit 
und Sicherheit der Gedanken. Jedoch die Vorarbeiten, die zu 
solchen Werken, wie die meinigen, erforderlich sind, hätten mich 
erdrücken müssen, wenn ich nicht Jahrzehnte lang vorher die Ge- 
danken zur Reife gebracht und die Thatsachen gesammelt hätte. 
Auch hätte ich trotzdem mein Ziel nicht erreicht, wenn nicht die 
Art, wie ich arbeitete, von der gewöhnlichen Gelehrtenmanier in 
entscheidender Weise abgewichen wäre. So kam es mir beispiels- 
weise bei den Wissenschaftsgeschichten sehr zu Hülfe, dass ich 
nur in den Originalautoren, aber nicht wie Andere noch allerlei 
Bücher über die Bücher jener Autoren las, um über sie ein Ur- 
theil zu haben. Ueberhaupt war ich in den Urtheilen unmittelbar 
sicher und bedurfte oft nur ein paar Anhaltspunkte, um vollständig 
orientirt zu sein. Die schlechte oder gute Physionomie eines 
Schriftstellers wurde mir meist aus wenigen Seiten desselben durch 
Stil, Allüren und Gedankenfügung klar. Ich sparte auf diese Weise 
viele unnütze Wege und kam rasch an die besten Quellen. Uebri- 
gens handelte es sich um äussere gelehrte Materialien auch vor- 
zugsweise nur bei den Wissenschaftsgeschichten. Hier ist für die 
Gelehrten sonst der Büchervorrath die Hauptsache. Ich besass 
aber keine Capitalien zu einer Bibliothek und hatte daher noch 
obenein die Mühe, alle die Originalwerke, deren ich bedurfte, mir 
aus den öffentlichen Bibliotheken zu beschaffen. Bei aller Ein- 
dringlichkeit meiner Untersuchung der ursprünglichen Autoren 
und letzten Quellen strebte ich jedoch auch hier nach umsichtigem 
) Maass in der Anhäufung des Materials und suchte auch in dieser 
6 Richtung nicht den Büchern, sondern dem Kopfe das Beste ab- 
Ü zugewinnen. Es versteht sich, dass ich in den nichthistorischen 
L Schriften ganz ausschliesslich nach diesem Grundsatz verfuhr. Die 
| systematischen Werke habe ich unmittelbar aus dem Kopfe ent- 
- nommen, in welchem sie selbstverständlich sehr lange gereift und 
so gut wie fertig waren, ehe sie niedergeschrieben wurden. UVeber- 
haupt liebte ich nicht viel Lectüre und war kein F reund von 
Büchern, ausgenommen wenige vorzügliche. Auf diese Weise 
I. rn
	        
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