Full text: Von Plato bis zum 19. Jahrhundert (1. Theil, 1. Abtheilung)

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angedeutet wurde — zunächst das Eine hervorzuheben, daf[s, sofern Seh 
die Basis des Anschauens und Reflektirens nunmehr total verändert, Sal 
ämlich durchaus substanziell geworden ist, jene Reaction gegen die Dt 
voraufgehende Stufe auf keine Weise die Form einer bestimmten aa 
pposition annimmt, sondern, wenn auch sich in Opposition wissend Ds 
doch in äufserlicher Indifferenz dagegen verharrt und, mit Ausnahme N 
einiger gelegentlicher Bemerkungen dagegen, sie geradezu ignorirt. ir 
Sodann ist als zweites Moment hervorzuheben, dafs — wie be u 
Aristoteles, der in der antiken Aesthetik die analoge Stufe reprä 
sentirt, das intuitive Denken — so hier das reflektirende Denken 
nicht in unvermittelter Weise, wie bei Baumgarten, auftritt, sondern pn 
durchaus an den gegebenen Stoff,” an den substanziellen Inhalt de ande 
Kunstgeschichte anknüpft. Aus der innigen Hingabe an diesen In Daten 
halt allein, d. h. durch die Vermittlung desselben, erhebt es sic hust 
zum Bewufstsein des sich darin offenbarenden Gedankens. ) sing 
Dies ist das Gemeinsame der Winckelmann-Lessing’schen Kritik selbs 
Is war hieran noch einmal kurz zu erinnern, weil nur durch die Schuß 
charfe Abgrenzung dieser gemeinschaftlichen Basis nach Außen Einzl 
in die nähere Differenzirung der specifischen Standpunkte der bei SICH 
den grofsen Kritiker in voller Bestimmtheit aufgezeigt werden kann. er 5 
enn es handelt sich für uns nunmehr’ um den Unterschied Bei ASchr 
der, oder, wenn man will, um den Fortgang von Winckelmann 100 
zu Lessing. Und hier kann denn sogleich — ohne dafs dadurch ferat 
der Bedeutung Lessings zu nahe getreten werden soll — gesagt werden rück, 
dafs er durchaus auf den Schultern Winckelmann’s steht, mit und} 
andern Worten, dafs Lessing ohne Winckelmann nicht Lessing Als 
wenigstens nicht der Aesthetiker Lessing gewesen wäre. Lessing (land) 
hatte -— dies darf nicht unberücksichtigt bleiben — ‚den grofsen Dis] 
Vortheil gegen Winckelmann, dafs er nicht wie dieser den gewalti- 1708 
gen Stoff der antiken Kunstwelt — wir sagen absichtlich nicht Kunst- Later 
geschichte sondern Kunstwelt, weil es dabei weniger auf da nach 
historische Material als auf die daraus gewonnene Anschauung des One 
antiken Kunstgeistes ankommt, — erst noch zu erarbeiten hatte ROM 
da derselbe ihm von seinem grofsen Vorgänger fast vollständig erar- WM 
beitet dargeboten wurde. Es mufste‘' ihm daher von vornherein Da 
eichter werden als jenem, stets in diesen Anschauungsstoff ver- ® 
senkt bleibenden Forscher, sich des überwältigenden Einflusses des Bi 
Stoffes soweit zu erwehren, dafs dadurch nicht die Freiheit, Klar 7ed6 
heit und Unbefangenheit seines Denkens behindert wurde; leichter, die) 
sich das Material zu objektiviren ;_ leichter, es mit vorurtheilsfreierem mach 
uge zu betrachten und sich darüber so_weit zu erheben, um auch ac
	        
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